# taz.de -- Kommentar Papstrede im Bundestag: Zur falschen Zeit am falschen Ort | |
> Kommenden Donnerstag wird der Papst eine Rede im Bundestag halten. | |
> Zahlreiche Abgeordnete wollen den Auftritt boykottieren. Zu recht, findet | |
> Ines Pohl. | |
Ein Religionsführer hat am Rednerpult des Bundestages nichts zu suchen. Das | |
hat nichts mit Kirchen- oder Katholikenfeindlichkeit zu tun. Der Zorn ist | |
konkret: Kirche und Staat sind in Deutschland - Gott sei Dank - getrennt, | |
und das soll auch so bleiben. | |
Es ist schon klar, dass eine Koalition, die im staubigen Erdendasein | |
tagtäglich weiter zerbröselt, gern etwas vom Glanz des globalen Popstars | |
Papst abbekommen will; dass Parteien mit einem C im Namen danach lechzen, | |
sich an der Standhaftigkeit eines knallharten Konservativen wenigstens | |
einmal kurz aufzurichten: jetzt, da sich selbst die Führung nicht mehr | |
darüber einig werden kann, was eigentlich diese Werte sind, an denen sich | |
die eigene Politik ausrichten soll. Rechtfertigen lässt sich der Auftritt | |
Ratzingers am kommenden Donnerstag dadurch nicht. | |
Dass der Papst darüber hinaus einer grundgesetzwidrigen Homophobie frönt; | |
dass er als Oberhaupt und davor als Mitglied des mittleren Managements | |
seiner Kirche Verantwortung trägt für die weiterhin unaufgeklärten und | |
ungesühnten tausendfachen Missbrauchsfälle; dass er und seine Organisation | |
für eine menschenverachtende Sexualpolitik stehen - das alles tritt in den | |
Hintergrund vor einem alarmierenderen Problem: Seit dem 11. September | |
kommen den Herrschenden beim Politikmachen religiöse | |
Begründungszusammenhänge so leicht von den Lippen, dass einem angst und | |
bange wird - ob es nun das christliche Abendland oder das muslimische | |
Morgenland zu verteidigen gilt, ob die sogenannten Werte der westlichen | |
Welt oder die Gesetze Allahs. | |
In diesen aufgeregten Zeiten darf der Deutsche Bundestag sein Rednerpult | |
nicht zur Kanzel werden lassen. Denn damit setzt das Parlament seinen | |
Anspruch und Auftrag aufs Spiel, Vertreter aller Deutschen zu sein. | |
16 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Ines Pohl | |
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