# taz.de -- Grüne streiten über die A 100: Bürgermeister droht mit Parteiaus… | |
> Franz Schulz, Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, will die | |
> Grünen verlassen, falls seine Partei die Autobahn mitbaut. Vor dem | |
> Parteitag zeichnet sich eine breite Mehrheit für Koalitionsgespräche ab | |
Bild: Grüne beim Landesparteitag 2009 | |
Der Streit über die Verlängerung der Autobahn A 100 spitzt sich zu. Der | |
grüne Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz, kündigte | |
seinen Parteiaustritt für den Fall an, dass die Grünen den Weiterbau | |
mittragen. "Wenn die A 100 mit grüner Unterschrift gebaut wird, trete ich | |
aus", sagte Schulz am Mittwoch der taz. Den von der Partei- und | |
Fraktionsspitze mit der SPD ausgehandelten Kompromiss nannte er "eine | |
Mogelpackung". Er sprach sich für eine Volksabstimmung über den | |
A-100-Weiterbau aus. Beim Grünen-Landesparteitag am Freitag wird nach einer | |
taz-Umfrage eine breite Delegiertenmehrheit für Koalitionsgespräche | |
stimmen. | |
In den Sondierungen hatten sich SPD und Grüne auf einen Kompromiss zur A | |
100 geeinigt, den am Montag die jeweiligen Landesvorstände absegneten. Er | |
besagt, die Verlängerung der A 100 werde "nicht grundsätzlich aufgegeben". | |
Eine rot-grüne Koalition setze sich aber dafür ein, die für den Bau | |
vorgesehenen 420 Millionen Euro von der Bundesregierung anders nutzen zu | |
können, was mit dem Begriff "Umwidmung" bezeichnet wird. | |
Die Grünen in Schulz Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hatten an vorderster | |
Linie gegen die A 100 gekämpft: Der jetzt diskutierte Abschnitt würde an | |
der Elsenbrücke enden, der Autobahnverkehr sich nach Friedrichshain | |
ergießen. Für Schulz bedeutet der Kompromiss, der für ihn nur ein | |
"sogenannter" ist: Wenn die Umwidmung scheitert, müssen die Grünen die | |
Autobahn bauen. Dieses Risiko will er nicht eingehen: "Ich kann doch nicht | |
Vabanque spielen, wenn ich bis zum letzten Moment vor der Wahl gesagt habe: | |
Mit uns gibt es keinen Weiterbau." | |
Wenn man keinen ehrlichen Kompromiss finde, müsse man die Bürger über eine | |
Volksabstimmung direkt entscheiden lassen, so Schulz. Grünen-Fraktionschef | |
Volker Ratzmann, zentrale Figur der Gespräche mit der SPD, hatte das | |
abgelehnt und die Wahl selbst zur Abstimmung über die A 100 erklärt. Schulz | |
mochte das nicht verstehen. "Beide Parteien würden doch dann geadelt aus | |
dem Konflikt hervorgehen, weil sie damit der Bürgerbeteiligung einen Schub | |
gäben", sagte er. | |
Beim Landesparteitag am Freitag will der Kreisverband | |
Friedrichshain-Kreuzberg laut Schulz dennoch nicht auf Blockade setzen: | |
Eine breite Mehrheit habe sich am Dienstag für Koalitionsverhandlungen | |
ausgesprochen mit dem Ziel, dort auf eine Volksabstimmung hinzuwirken. | |
Damit gibt es bislang aus keinem der zwölf Kreisverbände Signale, beim | |
Parteitag Koalitionsgespräche abzulehnen. Zwar standen noch in fünf | |
Bezirken Mitgliederversammlungen aus. Neben dem mitgliederstärksten Bezirk | |
Friedrichshain-Kreuzberg ging der Trend aber auch in den großen | |
Kreisverbänden Pankow, Charlottenburg-Wilmersdorf, Steglitz-Zehlendorf und | |
Neukölln sowie Spandau und Marzahn-Hellersdorf teils mit großer Mehrheit | |
dahin, Koalitionsverhandlungen zuzustimmen. Das ergab eine taz-Umfrage. In | |
Tempelhof-Schöneberg stand zwar auch noch ein Treffen an, Kreischef Jürgen | |
Roth aber sagte: "Ich gehe davon aus, dass der größte Teil der Delegierten | |
dafür stimmen wird." | |
Damit ist nicht zwingend eine klare Zustimmung zum Kompromiss zur A 100 | |
verbunden. "Ein Freifahrtschein ist das auf keinen Fall", sagte der | |
Abgeordnete Stefan Ziller aus Marzahn-Hellersdorf. Mehrfach war zu hören, | |
die eigentliche Entscheidung sei jene über einen Koalitionsvertrag, der am | |
Ende der Verhandlungen stünde. | |
Der Abgeordnete Harald Moritz aus Treptow-Köpenick, der mit der | |
Bürgerinitiative BISS seit Jahren gegen einen Ausbau der A 100 kämpft, | |
neigt ebenfalls dazu, Verhandlungen zuzustimmen. "Dort muss dann aber | |
nachgebessert werden", sagte er. Michael Schäfer, Abgeordneter aus Mitte, | |
hat hingegen wenig Hoffnung, der SPD mehr abzuhandeln: "Man kann ja über | |
den Kompromiss streiten. Klar ist aber: Mehr kriegt man nicht." | |
28 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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