# taz.de -- Proteste in Bolivien: Straßenbaugegner machen weiter | |
> Staatspräsident Evo Morales entschuldigt sich für den brutalen | |
> Polizeieinsatz gegen Demonstranten. Gegen den zurückgetretenen | |
> Innenminister wird ermittelt. | |
Bild: Minenarbeiter bei Protesten in La Paz. | |
PORTO ALEGRE taz | Nach den Protesten zehntausender Bolivianer in allen | |
neun Provinzen hat Evo Morales seine Gesprächsbereitschaft im Konflikt um | |
die Straße bekräftigt, die durch das Natur- und Indianerschutzgebiet | |
Isiboro-Sécure (Tipnis) führen soll. Am Mittwochabend entschuldigte sich | |
der Staatschef bei den Opfern des brutalen Polizeieinsatzes vom Sonntag. | |
Die Demonstranten waren einem Aufruf des Gewerkschaftsdachverbands COB zum | |
Generalstreik gefolgt. Tausende zogen von der linken Hochburg El Alto nach | |
La Paz und forderten den Rücktritt weiterer Minister. Cochabamba war fünf | |
Stunden lang weitgehend lahmgelegt. | |
Morales beteuerte erneut, er habe den Polizeieinsatz nicht angeordnet: "Nie | |
haben wir in der Regierung gedacht, dass eine solche Aggression gegen die | |
indigenen Brüder passieren könnte." Von wem der Befehl kam, ließ er offen. | |
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen Sacha Llorenti, der am Dienstag | |
als Innenminister zurückgetreten war. | |
Die Kundgebungen am Mittwoch bezeichnete der Präsident als "deutliche | |
Warnung" an die Regierung. "Wir teilen die Empörung der Bevölkerung", | |
versicherte er: "Wir sind gezwungen, unsere Fehler zu korrigieren", mit den | |
Kritikern der Fernstaße werde er eine Einigung anstreben. Er bekräftigte | |
den Baustopp der Trasse durch das Naturschutzgebiet, machte aber auch | |
deutlich, dass er den Straßenbau nach wie vor für sinnvoll hält. | |
Die Teilnehmer des zerschlagenen Protestmarschs, die seit Mitte August | |
unterwegs sind, forderten den Präsidenten zur "historischen Entscheidung" | |
auf, per Gesetz festzulegen, dass die Straße um das Tipnis-Gebiet in | |
Amazonien herumgeführt wird. Reden wollen sie mit ihm aber erst, sobald sie | |
in La Paz angekommen sind. Sprecher Fernando Vargas kündigte die | |
Fortsetzung des Marschs an. | |
Die Kokabauern aus der Chapare-Region befürworten den Straßenbau. Die | |
meisten von ihnen stammen aus dem Andenhochland und haben kultuell wenig | |
mit den Tiefland-Indígenas gemein, die das Projekt ablehnen. Am Dienstag | |
hatte Morales die Kritiker aufgefordert, sich nicht zu Instrumenten der | |
Rechten machen zu lassen, "die mit dem Prozess des tiefen strukturellen | |
Wandels aufräumen will". | |
29 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Gerhard Dilger | |
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