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# taz.de -- Obdachlose: Zaun weg, Zank bleibt
> Am Freitagnachmittag wurde der Stahlzaun, der in Hamburg-St. Pauli
> Obdachlose und Punks vor dem Übernachten unter einen Brücke abhalten
> sollte, weggeflext.
Bild: Der Zaun ist weg, aber was ist mit Bezirksfürst Schreiber?
HAMBURG taz | Der Zaun gegen Obdachlose unter der Kersten-Miles-Brücke in
Hamburg-St. Pauli steht nicht mehr. Um viertel vor Vier am Freitag haben
fünf Handwerker das letzte verzinkte Zaunteil weggetragen. Zuvor hatte der
Zaun zehn Tage lang viele Menschen in Hamburg empört. Es gab
[1][Protestaktionen], Bürgerschaft und Senat sprachen sich gegen den Zaun
aus, den der Leiter des Bezirks Hamburg-Mitte, Markus Schreiber (SPD),
hatte aufstellen lassen. [2][Ein Moderationsgespräch] soll den Streit
schlichten. Am Freitag traf sich Schreiber mit dem Schlichter Hans-Peter
Strenge, Synodenpräsident der Nordelbischen Kirche. Vertreter der
Obdachloszeitung Hinz&Kunzt hatten den Abriss oder zumindest die
Teilöffnung zur Teilnahmebedingung gemacht.
Nun fliegen am Freitag die Funken, als der junge Metallbauer mit den langen
Haaren die Pfosten und andere Zaunteile losflext. Er hat eine ganze Packung
Scheiben für seinen Winkelschleifer mitgebracht. Zuvor lockerten seine
Kollegen mit einem Presslufthammer und Spaten die Pflasterung um den Zaun
herum. Der Metallbauer möchte seinen Namen nicht nennen, doch er erzählt,
dass seine Firma den Zaun auch hergestellt und aufgebaut habe. Er erlebe es
nicht zum ersten Mal, dass er einen selbst aufgebauten Zaun schnell wieder
abbauen müsse, sagt er. "Wir haben schon Zäune in Gefängnissen angebracht
für Umbaumaßnahmen."
Bezirkschef Schreiber hat den Zaun für 18.000 Euro errichten lassen. Seine
Begründung: Die Obdachlosen, die dort schliefen, würden einen "Angstraum"
schaffen. Zunächst hatte der Bezirk versucht, die Obdachlosen mit einem
Umbau zu vertreiben: Das kostete 100.000 Euro - und die Wohnungslosen
blieben.
Am Freitag sagte Schreiber [3][abendblatt.de]: "Wenn Senat und Bürgerschaft
sich einstimmig gegen den Zaun aussprechen, kann ich als kleiner
Bezirkschef nicht gegen die ganze Welt kämpfen." In der offiziellen
Erklärung heißt es zum Verfahren: "Wir sind als Bezirk für alles offen,
einzige Bedingung: Es darf kein Zurück zu den Zuständen geben, wie sie im
letzten Jahr dort zu finden waren."
Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter bei Hinz&Kunzt, sagt: "Ich begrüße
sehr, dass der Zaun abgebaut und der Weg jetzt bereitet ist für
konstruktive und offene Gespräche, an denen wir teilnehmen werden." Es
werde vermutlich zwei bis drei Gespräche geben, in denen nach Möglichkeiten
gesucht werde, wie den Menschen geholfen werden könne, die unter der Brücke
schlafen wollten. "Ich glaube, dass wir zu einem guten Ergebnis kommen
werden."
Etwas skeptischer bleibt Cansu Özdemir, die sozialpolitische Sprecherin der
Linksfraktion in der Bürgerschaft: "Es bleibt abzuwarten, welche
Alternativlösung Bezirksamtsleiter Schreiber für die Brücke vorschwebt",
sagte sie. Daran, dass er dort keine Obdachlosen dulden wird, habe er
keinen Zweifel gelassen.
Das Bündnis "Der Zaun muss weg" muss sich nun einen neuen Namen suchen.
Weiter machen will es auf jeden Fall: Die für Samstag angesetzte
Demonstration finde trotz des Abbaus des Zauns statt, sagt Bündnis-Sprecher
Andreas Gerhold. "Wir befürchten, dass Herr Schreiber an anderer Stelle mit
seiner Law-and-order-Politik weitermachen wird", sagt Gerhold und meint
damit die geplante Räumung des Bauwagenplatzes Zomia und die Vertreibung
von Sexarbeiterinnen aus St. Georg und St. Pauli.
Sogar aus dem Umfeld der Hamburg Tourismus GmbH war zu erfahren, dass man
auch dort den Abbau des Zauns begrüßt. Hamburg sei eine Stadt mit
vielfältigen Facetten, zu der nicht nur Stärken gehörten, sondern auch
Obdachlosigkeit. Das solle man nicht verleugnen.
30 Sep 2011
## LINKS
[1] /Viel-Protest-fuer-Obdachlose/!78806/
[2] /VERTREIBUNG-/!78975/
[3] http://www.abendblatt.de/hamburg/article2045065/Hier-faellt-Hamburgs-umstri…
## AUTOREN
Daniel Kummetz
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