# taz.de -- Proteste gegen Markus Schreiber: Tanz um den Zaunkönig | |
> Der Protest gegen die Politik von Markus Schreiber (SPD) reißt nicht ab - | |
> doch der Bezirks-Chef macht weiter: Die Bahn bekommt Hausrecht am | |
> Hauptbahnhof. | |
Bild: Am Ort ihres "Etappensiegs": Demonstranten bei der Kersten-Miles-Brücke … | |
Auch wenn der Anti-Obdachlosen-Zaun unter der Kersten-Miles-Brücke auf St. | |
Pauli beseitigt ist: Der Protest in der Stadt geht weiter, wenn auch eine | |
Nummer kleiner. Der richtet sich nun noch gezielter gegen den | |
verantwortlichen Bezirksamtschef von Mitte, Markus Schreiber (SPD) und | |
seine umstrittene Vertreibungspolitik in der Innenstadt. | |
Schreiber hatte den Zaun am 20. September aufstellen lassen, damit unter | |
der Brücke keine Obdachlosen mehr schlafen können. Der Begründung: Wenn | |
Wohnungslose dort schliefen, entstehe ein "Angstraum" für Passanten, | |
Touristen und Anwohner. Ein 100.000 Euro teurer Umbau hatte vorher nicht | |
den gewünschten Vertreibungseffekt gehabt. Nach nur zehn Tagen beauftragte | |
Schreiber den Abriss des Zauns - nach massivem Druck durch Demonstrationen, | |
Bürgerschaft und Senat. | |
Am Samstag demonstrierten nach Angaben des Bündnisses "Der Zaun muss weg" | |
noch einmal rund 600 Menschen gegen die Politik des SPD-Manns, die Polizei | |
spricht von 350 Teilnehmern. Es war ein fröhlicher Protest-Umzug mit viel | |
Musik. An dem Lautsprecher-Wagen hing ein Transparent mit den Zielen für | |
das Jahr 2011, eine "To-do-Liste". "Zaun weg" war der erste Punkt - er ist | |
mit Rot durchgestrichen. Ein Grund zum Feiern, aber nur ein "Etappensieg", | |
wie die Andreas Gerhold vom rund 40 Gruppen umfassenden Bündnis betonte. | |
"Der Zaun stand von Anfang nur als Symbol und Krone einer völlig verfehlten | |
Stadtpolitik." Ein weiteres Ziel auf der Liste: "Schreiber weg." Der rote | |
Strich ist schon angesetzt. | |
Die Demonstranten forderten, dass weitere Maßnahmen der Schreiberschen | |
Vertreibungspolitik zurück genommen werden: In St. Georg richte sie sich | |
gegen Prostituierte, am Hauptbahnhof gegen Trinker und Obdachlose, in | |
Wilhelmsburg gegen die Bauwagengruppe Zomia. | |
Vor dem Haus des SPD-Politikers in Finkenwerder gab es am Sonntag eine | |
Protestaktion. Etwa 30 Aktivisten trugen auf einer Sänfte eine Puppe mit | |
dem Gesicht von Markus Schreiber die Straße entlang und warfen sie in | |
seinen Vorgarten. Die Schreiber-Gegner verteilten Flugblätter, hängten ein | |
Transparent auf und trugen ihre Kritik vor. Nach weniger als 15 Minuten war | |
die Aktion vorbei, die Polizei war mit Streifenwagen vor Ort. Das Ziel sei | |
gewesen, Schreiber aus der Anonymität zu holen, sagen Aktivisten. | |
Derweil wird Schreibers Plan am Hauptbahnhof konkret: Am Donnerstag | |
beschloss der City-Ausschuss der Bezirksversammlung Mitte, für drei Monate | |
das Hausrecht vor dem Bahnhof der Deutschen Bahn zu übertragen. Damit | |
könnten Obdachlose von den Flächen weggeschickt werden - im öffentlichen | |
Raum gibt es dafür keine Rechtsgrundlage. Doch die Bahn hat bisher | |
angekündigt, niemanden vertreiben zu wollen. Es solle erstmal Gespräche mit | |
den Sozialträgern geben. | |
3 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Daniel Kummetz | |
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