# taz.de -- VERTREIBUNG: Goldene Brücke für den Rückzug | |
> Moderator soll Streit um den Anti-Obdachlosen-Zaun auf St. Pauli | |
> schlichten. Bezirkschef Schreiber will als nächstes gegen Obdachlose am | |
> Hauptbahnhof vorgehen. | |
Bild: Unerwünscht: Ein Obdachloser in Hamburg. | |
Es ist eine goldene Brücke für den Bezirksamtsleiter von Mitte, Markus | |
Schreiber (SPD). In einem "ergebnisoffenen Moderationsverfahren" soll der | |
öffentliche Konflikt um den Zaun gegen Obdachlose an der Helgoländer Allee | |
beigelegt werden. Auf Bitten der SPD-Bürgerschaftsfraktion hat sich als | |
Vermittler Hans-Peter Strenge (SPD) bereit erklärt. Der Präsident der | |
Synode der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, zuvor Staatsrat | |
der Justizbehörde und Bezirksamtsleiter von Altona, gilt als überaus | |
integre Persönlichkeit und genießt gerade in seiner eigenen Partei hohes | |
Ansehen. | |
Jetzt könne "ausgelotet werden, inwieweit es Alternativen zu dem | |
umstrittenen Zaun gibt", gibt der SPD-Fraktionschef in der Bürgerschaft, | |
Andreas Dressel, die Richtung vor. Denn in der Fraktion wie im Senat | |
herrscht inzwischen die Überzeugung vor, "dass der Zaun weg muss", wie ein | |
führender Sozialdemokrat einräumt. Am Runden Tisch mit Strenge könne | |
Schreiber "ein geordneter Rückzug" geboten werden, bis dahin soll der Zaun | |
bleiben. | |
An dem Verfahren sollen Bezirksamt und Bezirksversammlung Mitte einerseits | |
sowie "soziale Akteure aus Stadt und Stadtteil beteiligt werden", verkündet | |
Dressel. Ob das Obdachlosenmagazin Hinz&Kunzt sich beteiligt, ist noch | |
offen. Caritas und Diakonie haben Bereitschaft signalisiert. Mit einem | |
Ergebnis ist im Oktober zu rechnen. | |
Unterdessen will der Bezirk Mitte am Hauptbahnhof härter gegen unerwünschte | |
Personen vorgehen. "Das subjektive Sicherheitsempfinden der Passanten | |
leide" angesichts von "Obdachlosen, Alkoholikern u.a.", heißt es in einem | |
"Konzept Sicherheit und Ordnung", das am heutigen Mittwoch im | |
City-Ausschuss der Bezirksversammlung beschlossen werden soll. Da die SPD | |
von Bezirksamtsleiter Schreiber in dem Ausschuss die Mehrheit hat, gilt die | |
Zustimmung als sicher. | |
Danach soll das Hausrecht auf den Bahnhofsvorplätzen und in den | |
Unterführungen zur Mönckebergstraße und zum Glockengießerwall ab 1. Oktober | |
der Deutschen Bahn übertragen werden. Diese könne in Ausübung ihres | |
Hausrechts gegen "Trinken, Lärmen, Stehen, Sitzen und Liegen in der | |
Öffentlichkeit" vorgehen. Weil das allesamt keine Ordnungswidrigkeiten | |
sind, kann die Polizei das zurzeit nicht. Nun soll die DB Sicherheit GmbH, | |
die bislang nur im Bahnhof tätig sein darf, bis Jahresende die Hoheit | |
übernehmen. Über eine Fortführung der Maßnahme soll danach entschieden | |
werden. | |
Die GAL-Fraktion in der Bürgerschaft will diese Vereinbarung zwischen | |
Bezirk und Bahn am Donnerstag mit einem Antrag stoppen. "Dieses Vorgehen | |
ist politisch falsch und rechtlich bedenklich", sagt die grüne | |
Innenpolitikerin Antje Möller. Es gebe auch "keine objektiven Tatsachen" | |
wie etwa gestiegene Kriminalität, sondern lediglich Schreibers "subjektives | |
Belästigungsempfinden". | |
"Wir werden uns an einer Verdrängung nicht beteiligen", stellt Bahnsprecher | |
Egbert Meyer-Lovis klar. Gespräche über die Probleme am Hauptbahnhof | |
könnten nur "unter Einschluss aller Beteiligten, also auch der | |
Sozialträger" geführt werden. Er sei "verwundert", dass der Bezirk etwas | |
beschließen wolle, wovon die Bahn gar nichts wisse: "Uns liegt nichts auf | |
dem Tisch, was wir unterschreiben würden." | |
27 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |