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# taz.de -- IG-Metall Vize Wetzel über die Eurokrise: "Der Bankensektor schwan…
> Der Staat hat in der Krise versagt, sagt Detlef Wetzel, Vize der IG
> Metall. Er fordert einen Marshallplan für Griechenland und eine
> Verlängerung der Kurzarbeiterregelung.
Bild: In Amerika demonstrieren die Menschen gegen die Macht der Wall Street. In…
taz: Herr Wetzel, die Gewerkschaften haben letzte Woche mit Anzeigen bei
den Parlamentariern für Zustimmung zum Rettungsschirm EFSF geworben. Sonst
hört man in der Eurokrise wenig von Ihnen. Fehlen Ihnen die Konzepte?
Detlef Wetzel: Nein, wir haben immer gesagt, dass wir keine Alternative zum
Euro sehen. Und wir sagen, es gibt einen Machtkampf zwischen der
Finanzoligarchie und dem demokratischen Staat. Und der demokratische Staat
hat es leider versäumt, eine wirksame Regulierung der Finanzmärkte
anzupacken, etwa durch eine Finanztransaktionssteuer.
Trotzdem: Wenn es diesen Machtkampf gibt, müssten sie dann nicht stärkeren
politischen Druck entwickeln?
Seit einigen Wochen klären wir auf Betriebsversammlungen über die Ursachen
der Krise auf, denn die Menschen sind extrem verunsichert. Und die Ursachen
sind sicher nicht, dass der Spanier oder Portugiese über seine Verhältnisse
gelebt hat. Schuld sind die Wachstumsverluste dieser Länder und die enormen
Schulden, die aufgenommen wurden, um die Banken zu retten und
Konjunkturpakete anzuschieben.
Sind die Gewerkschaften mit Schuld am Ungleichgewicht in Europa, weil sie
keine höheren Löhne erstritten haben?
Gesamtwirtschaftlich betrachtet hat es in der Bundesrepublik in den letzten
Jahren einen Reallohnverlust gegeben. Aber die exportorientierten Branchen
in der Metall- und Chemieindustrie haben weit überdurchschnittliche Lohn-
und Gehaltsabschlüsse erzielt. Die sinkende Lohnquote ist entstanden durch
die radikale und brutale Ausweitung des Niedriglohnsektors, der bereits 22
Prozent der Arbeitsverhältnisse ausmacht. Die Politik hat diesem Missbrauch
der Arbeitsverhältnisse Tür und Tor geöffnet. Sie ist in der Verantwortung.
Welche Rezepte haben Sie, um auf die Eurokrise zu reagieren?
Wir müssen in Deutschland dringend den Binnenmarkt stärken. Das würde
automatisch auch die Defizite von anderen Ländern reduzieren. Zweitens muss
Griechenland durch eine Art Marshallplan in die Lage versetzt werden, ein
Teilnehmer am wirtschaftlichen Geschehen zu werden. Nur durch Sparen allein
werden Griechenland oder Portugal nie aus der Krise herauskommen.
Sie fordern ein Mehr an Europa. Für die EU-Kommission heißt das aber laut
Euro-Plus-Pakt die Deckelung zu rasch steigender Löhne, niedrige Abschlüsse
im öffentlichen Dienst oder die Anhebung des Rentenalters.
Wir brauchen eine Demokratisierung von Europa. Das europäische Parlament
braucht mehr Rechte und die europäischen Verträge müssen geändert werden:
Es darf nicht mehr möglich sein, dass jedes Land mit einem Veto alles
blockieren kann.
In den USA demonstrieren die Menschen derzeit gegen die Macht der Wall
Street - wann wird Ihre Gewerkschaft zu Protesten vor der Frankfurter Börse
aufrufen?
Wenn die Zeit dafür gekommen ist. Wir haben in Deutschland derzeit diese
Bewegung nicht, sie lässt sich auch nicht künstlich initiieren. Solange zum
Beispiel die Griechen und Spanier zu Schuldigen gemacht werden und zugleich
die Verantwortung der Banken nicht klar benannt wird, ist es schwierig, mit
einer anderen Deutung in die mediale Welt zu kommen. Viele alte Damen und
Herren, die die letzte Krise nicht erklären konnten, werden ja trotzdem
immer wieder zur Deutung von Krisensymptomen herangezogen.
Aber im Moment geht es der deutschen Wirtschaft doch gut?
Noch ist die wirtschaftliche Lage stabil, aber der Bankensektor wankt schon
wieder. Wenn das schlimmer wird, ist die Bundesregierung aufgefordert,
Arbeitnehmer und Unternehmen vor den Folgen zu schützen. Es ist
unverantwortlich, dass sie die Kurzarbeiterregelung Ende des Jahres
auslaufen lässt, statt sie auf Standby zu belassen.
6 Oct 2011
## AUTOREN
Eva Völpel
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