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# taz.de -- Nabil Shaath über Friedensverhandlungen: "Palästinenser sind beli…
> Der ehemalige Außenminister der PLO setzt auf die Unterstützung durch die
> Araber und Europa. Die USA sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt, sagt
> Nabil Shaath.
Bild: "Die Palästinenser genießen mehr Sympathie in der Welt als je zuvor", s…
taz: Herr Shaath, Israel hat die Initiative des Nahostquartetts (USA, EU,
UN und Russland) zur Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen innerhalb
eines Monats akzeptiert. Worauf warten die Palästinenser?
Nabil Shaath: Wir warten auf ein Angebot von Israels Premier Netanjahu, wir
warten auf die internationale Gemeinschaft, dass sie versteht, was in 20
Jahren Verhandlungen schiefgelaufen ist. Wir können die Verhandlungen nicht
ewig fortsetzen. Herr Netanjahu will verhandeln und gleichzeitig Siedlungen
ausbauen und geografische Veränderungen vornehmen. Er will unsere Grenzen
ignorieren, die von der internationalen Gemeinschaft anerkannt werden, die
Grenzen von 1967.
Die Israelis behaupten, ein Baustopp würde nichts verändern. Schließlich
wurde zehn Monate lang nicht gebaut, trotzdem fanden kaum Verhandlungen
statt. Woran lag das?
Das ist eine Lüge, denn Israel baute in Ostjerusalem weiter. Trotzdem haben
wir den sogenannten proximity talks zugestimmt. Der US-Nahostgesandte
George Mitchell pendelte zwischen Ramallah und Jerusalem hin und her. Die
Israelis haben ihm kein einziges Papier gegeben, nicht eine Antwort auf
unsere Vorschläge. Gegen Ende des Moratoriums sind wir dann nach Washington
gefahren und nach Scharm al-Scheich und sogar zum Haus von Herrn Netanjahu.
Nach 19 Stunden direkter Verhandlungen zwischen Herrn Netanjahu und
Palästinenserpräsident Machmud Abbas verweigerte Herr Netanjahu die
Verhandlungen über die Kernfragen Grenzen, Flüchtlinge, Siedlungen,
Jerusalem, Sicherheit und Wasser, solange die Palästinenser nicht die
israelischen Vorbedingungen akzeptieren würden. Erstens: die Anerkennung
des exklusiv jüdischen Charakters des Staates Israel. Zweitens: israelische
Verteidigungszonen auf 28,5 Prozent des Westjordanlandes, das Jordantal im
Osten und zehn Kilometer an der westlichen Waffenstillstandslinie. Was
konnten wir da noch tun? Der Besatzer feuert mit voller Kraft aus allen
Rohren, gleichzeitig herrscht auf internationaler Bühne keinerlei
Bereitschaft, Druck auszuüben. Netanjahu kann tun, was er will.
Gäbe es die Möglichkeit, weiterzuverhandeln auch ohne Siedlungsbaustopp?
Haben Sie Angebote oder Garantien bekommen, von den USA oder vom Quartett?
Nichts, was umgesetzt werden könnte. Sehen Sie sich allein die "Roadmap"
an. Dieser Vertrag wurde vom Quartett initiiert. Beide Seiten haben
unterschrieben, und das Quartett sollte garantieren, dass beide Seiten ihre
Verpflichtungen auch umsetzen. Ich bin bereit, das Quartett öffentlich
herauszufordern, denn wir haben jeden Paragrafen unserer Verpflichtungen
erfüllt: Ende der Gewalt, Transparenz der Finanzen.
Die Israelis haben nicht eine einzige ihrer Verpflichtungen eingehalten,
nicht den Siedlungsbaustopp, nicht die Wiedereröffnung unserer Büros in
Ostjerusalem, nicht das Ende der Belagerung Gazas. Und was macht das
Quartett? Nichts. Wie sollen wir neue Versprechungen des Quartetts
akzeptieren? Wir brauchen konkrete Maßnahmen. Israel muss die Truppen
zurückziehen und aufhören, neue Kolonien auf unserem Land zu errichten.
Der US-Kongress kündigte an, die Finanzhilfe für die Palästinensische
Autonomiebehörde einzufrieren.
Das wäre eine sehr bedauerliche Entscheidung, und es wäre das genaue
Gegenteil all dessen, was die Amerikaner immer versprechen: gleiche
Behandlung und Fairness.
Wie wollen Sie die Lücke im Budget füllen?
Europa und speziell Frau Merkel haben versprochen, dass sie uns
weiterunterstützen und sogar die Zahlungen noch intensivieren, sollte das
nötig werden. Unsere arabischen Brüder haben versprochen, uns zu helfen.
Aus Saudi-Arabien kam vor einer Woche die Zahlung in Höhe von 200 Millionen
US-Dollar, allein aufgrund der Androhung, die wir aus den USA erhalten
haben. Die Araber und die Europäer, so denke ich, werden uns zur Seite
stehen. Das ändert nichts daran, dass die Amerikaner ihren Verpflichtungen
nachkommen sollten.
Der UN-Sicherheitsrat berät in diesen Tagen über den PLO-Antrag auf volle
Mitgliedschaft, der auf die eine oder andere Art sicher abgelehnt werden
wird. Was ist Ihr nächster Schritt?
Sehen Sie, wir sind seriös und werden nichts unternehmen, solange der
Sicherheitsrat über unseren Antrag berät, wobei wir davon ausgehen, dass es
innerhalb einer vernünftigen Zeitfrist zu einer Entscheidung kommen wird.
Wenn die USA dann, wie sie angekündigt haben, ihr Veto einlegen, haben wir
andere Möglichkeiten. Eine davon wäre, zur UN-Generalversammlung
zurückzukehren.
Hat der PLO-Antrag der palästinensischen Sache einen Dienst erwiesen?
Wir unterhalten mit 131 Staaten volle diplomatische Beziehungen mit
Botschaften. Dazu kommen rund 30 Staaten, in denen wir Büros haben, so in
allen europäischen Ländern. Ein Ergebnis unseres Antrags in New York ist,
dass die Palästinenser mehr Sympathie in der Welt genießen als je zuvor.
Die USA haben sich als Vermittler in der Nahostpolitik zurückgezogen. Ist
Europa eine Alternative?
Die USA werden im kommenden Jahr keine wichtige Rolle in unserer Region
spielen. Die Prioritäten in Washington liegen auf der Innenpolitik und den
Wahlen. In diesen Phasen wenden wir uns immer an Europa, an die EU, an
Norwegen, wo die Osloer Vereinbarungen verhandelt wurden, an Spanien, wo
die Madrid-Konferenz stattfand, und an die Schweiz, den Ort der Genfer
Initiative. Europa war immer sehr großzügig und hilfreich.
Wird der arabische Frühling den Prozess der Befreiung von der israelischen
Besatzung antreiben?
Auf kurze Sicht wird er kaum Einfluss haben, denn die arabischen Länder
sind damit beschäftigt, ihre neuen Regierungen aufzubauen, die dann
hoffentlich demokratischer, gerechter und damit stärker sein werden. Auf
lange Sicht hoffe ich, dass auch die Palästinenser zu den Gewinnern der
Entwicklung gehören werden.
9 Oct 2011
## AUTOREN
Susanne Knaul
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