# taz.de -- Rugby-WM in Neuseeland: Dominanz auf jedem Quadratzentimeter | |
> Die Franzosen enttäuschen gegen Wales und kommen durch Strafstöße dennoch | |
> weiter. Finalgegner Neuseeland ließ hingegen Australien im WM-Halbfinale | |
> nie eine Chance. | |
Bild: Harter Kampf, keine Chance: Australiens Adam Ashley-Cooper im Zweikampf g… | |
AUCKLAND taz | Als in der 60. Minute "Paint in Black" von den Rolling | |
Stones durch den Rugby-Tempel Eden Park in Auckland plärrte, hätte die | |
Situation für die fünfzehn Spieler aus Australien nicht besser beschrieben | |
werden können. Im Duell gegen die Erzfeinde aus Neuseeland war man zu | |
diesem Zeitpunkt, 20 Minuten vor Spielende, längst auf verlorenem Posten. | |
Eine "All Black"-Dampfwalze, die auf jedem Quadratzentimeter des heiligen | |
Rasens totale Dominanz ausübte, hatte die "Wallabies" gnadenlos überrollt. | |
Der völlig konsternierte Trainer des Verliererteams Robbie Deans sagte | |
wenig später auf der Pressekonferenz: "Wir haben das Spiel in keiner | |
einzigen Minute in der Hand gehabt." | |
Im "wirklichen WM-Finale", wie der New Zealand Herald das zweite Halbfinale | |
die gesamte Woche genannt hatte, kämpften beide Seiten ab dem Anpfiff mit | |
offenem Visier. In Minute sechs lag das Ellipsoid dann allerdings das erste | |
Mal im Feld der Australier. Nach einem Spielzug, den die TV-Reporter des | |
neuseeländischen Fernsehens als "absolutely cracking" bezeichneten. Und die | |
All Blacks um ihren legendären Kapitän Richie McCaw zogen danach vor allem | |
in der Defensive alle Register und ließen den großen Brüdern von Down Under | |
kaum noch Luft zum Atmen. | |
## Vuer Jahre lang dafür trainiert | |
Von 60.000 euphorischen Zuschauern nach vorn gepeitscht erhöhten die All | |
Blacks die Führung bis zur Pause auf 14:6 und ließen auch in den zweiten 40 | |
Minuten keinen Punktgewinn des Kontrahenten mehr zu. Trainer Graham Henry | |
verdrückte nach dem Schlusspfiff eine Träne und erklärte bewegt: "Für | |
diesen Sieg haben wir vier Jahre lang trainiert. Jeder hat heute auf seiner | |
Position das Maximum gezeigt. Das macht mich sehr stolz." | |
Im Finale am 23. Oktober geht es nun gegen Neuseelands Worldcup-Nemesis | |
Frankreich. Die haben die stets hoch favorisierten "All Blacks" in den | |
vergangenen drei Weltmeisterschaft gleich zweimal vorzeitig nach Hause | |
geschickt und spielen nun im Kampf um den Titel die Rolle des hässlichen | |
Spielverderbers. | |
Spätestens nach dem schmucklosen und vor allem unverdienten Sieg gegen die | |
Waliser im ersten Semifinale am Samstag haben die Franzosen alle Sympathien | |
in der übrigen Rugbywelt endgültig verspielt. Der englische Telegraph | |
nannte die Mannschaft von Trainer Marc Lievremont das "schlechteste Team, | |
das je in einem WM-Finale gestanden hat." | |
Viel lieber hätte man dort nun die Waliser gesehen. Doch die verloren | |
bereits in der 17. Minute ihren Kapitän und wichtigsten Spieler Sam | |
Warburton wegen eines Foulspiels und einer umstrittenen roten Karte. Obwohl | |
sie lange in Unterzahl spielen mussten, bestimmten die Waliser über weite | |
Strecken die Partie und verloren das Spiel nur durch zwei vergebene | |
Penalties mit 14:15 denkbar knapp. | |
## Wales verbittert über französisches Spiel | |
Der Waliser Coach Warren Gatland konnte seine Verbitterung danach kaum | |
verbergen. "Die Franzosen haben uns auf keiner Position in Nöte gebracht. | |
Sie haben den Ball 38-mal mit dem Fuß gekickt. Nun sind sie im Finale, und | |
man kann nur hoffen, dass sie dort ein wenig mehr Rugby zeigen als heute | |
Nacht. | |
Marc Lièvremont, der die ihm seit Wochen entgegenschlagenden Antipathien | |
mittlerweile zu genießen scheint, lachte hingegen verschmitzt unter seinem | |
Moustache und erklärte mit sichtlicher Genugtuung: "Es ist völlig egal, ob | |
es ein gutes Spiel war oder nicht. Und ob es Wales mehr verdient gehabt | |
hätte. Wir spielen jetzt das Finale, und nichts anderes zählt." | |
Die Rolle der Franzosen gleicht nun jener der Engländer im Finale der | |
letzten Rugby-Weltmeisterschaft 2007. Die hatten gegen den Endspielgegner | |
Südafrika ebenfalls eine herbe Niederlage in der Vorrunde eingesteckt und | |
sich danach durch die Knock-out-Phase gemauert. "Ein Sieg der Springboks | |
ist ein Sieg für alle, die das Spiel lieben", hatte danach die australische | |
Fachzeitschrift allen Rugby-Ästheten aus dem Herzen gesprochen. Außer in | |
Frankreich selbst gibt es wohl momentan keinen Rugbyfan weltweit, der den | |
Webb-Ellis-Cup am kommenden Sonntag nicht in den Händen der "All Blacks" | |
sehen möchte. | |
16 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Henkel | |
## TAGS | |
Rugby | |
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