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# taz.de -- Kommentar Studie Sexueller Missbrauch: Kein Grund zur Entwarnung
> Eine sensiblere Öffentlichkeit und mehr Prävention führten dazu, dass vor
> allem in Familien weniger gequält wird. Und mehr Opfer erstatten Anzeige.
> Aber das reicht nicht.
Bild: Hier wurden einst Schüler von einem Jesuitenpater misshandelt: das katho…
In Deutschland werden weniger Kinder Opfer sexuellen Missbrauchs als vor 20
Jahren. Das ist, grob gesagt, die Erkenntnis aus der neuen Studie, die das
Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen im Auftrag des
Bundesforschungsministeriums durchgeführt hat.
Gerade mal 6,4 der weiblichen und 1,3 Prozent der männlichen Befragten
gaben an, vor dem 16. Lebensjahr Missbrauch "mit Körperkontakt" erlitten zu
haben. Bei der letzten Befragung zum Thema 1992 waren es noch 8,6
beziehungsweise 2,8 Prozent. Dass sexualisierte Gewalt an Kindern
zurückgeht, ist eine gute Nachricht. Ein Grund zur Entwarnung ist es nicht.
Die Zahlen aus Niedersachsen sind aus mehreren Gründen mit Vorsicht zu
genießen. So ist das am Dienstag veröffentlichte Material nur ein erster
Zwischenstand. Analysiert wurden nur Fälle, die vor dem 16. Lebensjahr der
Befragten stattfanden. In den folgenden Auswertungen weiterer Interviews
kann also noch einiges kommen.
Zudem zeigt die Aufarbeitung von Fällen aus früheren Jahren, dass oft erst
41- bis 60-Jährige den Mut finden, sich Dritten anzuvertrauen. Diese aber
wurden in der aktuellen Untersuchung des Kriminologischen
Forschungsinstituts nicht befragt.
Interessanter als der - vielleicht gar nicht so große - Rückgang der
sexuellen Gewalt ist dessen Begründung: Eine sensiblere Öffentlichkeit und
mehr Prävention führten dazu, dass vor allem in Familien weniger gequält
wird. Mehr Opfer erstatten Anzeige. Das Fazit, das die Forschungsministerin
aus der Studie zieht, darf also nicht heißen: "halb so schlimm", sondern:
"mehr Öffentlichkeit".
Die kostenlose Telefonhotline und der Runde Tisch müssen weitergehen und
ausreichend finanziert werden. Denn jetzt, wo das Thema Kindesmissbrauch
endlich in aller Munde ist, muss es für Betroffene noch einfacher werden,
an kompetente Ansprechpartner und Therapien zu kommen. Damit die Zahl der
Missbrauchten auch in Zukunft weiter sinkt.
18 Oct 2011
## AUTOREN
Nina Apin
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