# taz.de -- Neues Abfallwirtschaftgesetz: Kompromiss in Sachen Tonne | |
> Mehr recycelter Abfall, weniger Müllverbrennung, Abschied von der gelben | |
> Tonne: Der Bundestag hat neue Regeln für den Markt der Müllentsorgung | |
> verabschiedet. | |
Bild: Sollen von Wertstofftonnen abgelöst werden: gelbe Tonnen für Verpackung… | |
BERLIN taz | Private Entsorgungsunternehmen dürfen künftig wieder Abfall | |
einsammeln. Das sieht das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz vor, das der | |
Bundestag heute mit den Stimmen von Union und FDP beschlossen hat. Demnach | |
liegt es zunächst bei der öffentlichen Hand, Siedlungsabfälle einzusammeln. | |
Wenn aber private Firmen ein besseres Serviceangebot machen, den Bürgern | |
also etwa eigene Papiertonnen vor die Haustür stellen, dürfen sie aktiv | |
werden. Damit öffnet die Bundesregierung der Wirtschaft wieder eine Tür, | |
die ihr das Bundesverwaltungsgericht 2009 zugeschlagen hatte. | |
Ziel des Gesetzes ist es, mehr zu recyceln und weniger Abfall zu | |
verbrennen, gemäß einer EU-Richtlinie: Abfall soll zunächst vermieden | |
werden; es folgen die erneute Verwertung, das Recycling und die | |
Verbrennung, zuletzt die Beseitigung. Bis 2020 sollen 65 Prozent aller | |
Siedlungsabfälle und 70 Prozent aller Bau- und Abbruchabfälle recycelt | |
werden. | |
Um dies zu erreichen, sollen die Verbraucher ihren Abfall ab dem Jahr 2015 | |
nach einem neuen System trennen: Bundesweit sollen Biotonnen etwa für | |
Lebensmittelreste eingeführt werden, zudem Wertstofftonnen, die den gelben | |
Sack oder die gelbe Tonne ablösen. In ihnen sollen nicht nur Verpackungen, | |
sondern alle Materialien aus Kunststoff und Metall gesammelt werden. | |
"Das Kreislaufwirtschaftsgesetz schafft einen fairen Ausgleich zwischen den | |
Interessen der kommunalen und der privaten Entsorgungswirtschaft", glaubt | |
Umweltminister Norbert Röttgen (CDU). Tatsächlich gibt es Zustimmung für | |
das Gesetz: Die Branche könne mit dem Gesetz leben, sagte Eric Rehbock, | |
Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Sekundärrohstoffe und Entsorgung | |
(bvse). | |
## Öffentlich-rechtliche Entsorger gefährdet? | |
Auch Kommunalvertreter gaben sich besänftigt. Sauer hingegen sind die | |
großen Abfallkonzerne im Bundesverband der deutschen Entsorgungswirtschaft | |
(BDE): "Die Zeche für diese angestrebte Abkehr von fairem Wettbewerb muss | |
am Ende der Bürger über höhere Müllgebühren zahlen", kritisierte | |
BDE-Präsident Peter Kurth. Gerd Bollmann, Abfallexperte der SPD, hält die | |
Zulassung der gewerblichen Sammlung insgesamt für falsch, weil sie | |
letztlich den Bestand der öffentlich-rechtlichen Entsorger gefährde. | |
Das Gesetz muss allerdings noch vom Bundesrat abgesegnet werden. Einige | |
Länder sehen Bedarf für Nachbesserungen. | |
28 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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