# taz.de -- Occupy Berlin: Banken-Kritiker schlagen Zelte im Kirchenasyl auf | |
> Die Parochialkirche in Mitte hat den AktivistInnen Platz zum Campen | |
> gegeben - zumindest einstweilen. | |
Bild: Am Freitag haben Banken-Kritiker auf dem Kirchhof in der Klosterstraße e… | |
So sieht Camper-Idylle aus: Vor dem prächtigen Gebäude der Parochialkirche | |
sitzen drei Menschen im Sonnenschein an einem langen Tisch. Man trinkt | |
gemütlich Kaffee und unterhält sich im Schutze des weiß-grün gestreiften | |
Pavillons. Der Tisch ist gedeckt mit Salzgurken, Margarine, Pralinen, Tee- | |
und Kaffekannen. | |
Seit Wochen sucht die Occupy-Bewegung in Berlin einen Ort für ein | |
Protest-Camp nach New-Yorker Vorbild. Bislang haben Polizei und Ordnungsamt | |
alle Versuche abschlägig beschieden. Am Freitag nun konnten sich die | |
Banken-Kritiker auf dem Kirchhof in der Klosterstraße häuslich niederlassen | |
- wenigstens vorläufig. "Die Occupy Bewegung setzt sich für Gerechtigkeit | |
und Frieden ein und stemmt sich gegen die Allmacht des Kapitalismus. Das | |
sind Werte, die wir teilen", sagt der Pfarrer von St. Petri-St. Marien, | |
Gregor Hohberg, laut einer Mitteilung auf der Webseite der Gemeinde. | |
Sandra sitzt am Tisch und raucht eine Zigarette. Von Anfang an ist die | |
37-Jährige mit den purpurroten Haaren bei den Protesten dabei. In der | |
Asamblea sei die Idee entstanden, nach Asyl bei einer Kirche zu fragen, | |
erzählt sie. Durch Tipps auf Facebook seien sie auf die Marienkirche | |
aufmerksam geworden und hätten den Pfarrer gefragt. Die Kirche hat auch | |
Toiletten und Strom zur Verfügung gestellt. Zumindest bis Mittwoch dürfen | |
sie bleiben, sagt Anna Poeschel, Sprecherin der Gemeinde. Dann müsse die | |
Gemeinde entscheiden, ob das Zelten "mit der Würde des Ortes" zu | |
vereinbaren sei. Am Mittwoch treffe sich deswegen der Gemeinderat. | |
Bislang gab es wohl keine Probleme, die Spielregeln sind klar: Das Gelände | |
muss sauber gehalten werden, nachts soll es nicht laut werden. Darum | |
kümmert sich auch die Polizei. Ein Beamter des Abschnitts 32 kommt vorbei. | |
Er möchte mit einem "Gruppenführer" reden. "Es gibt keinen Führer, sprechen | |
Sie einfach mit uns allen", sagt Irmgard. Der Polizist erkündigt sich, ob | |
alles gut läuft. "Hat Sie jemand von den Anwohnern angerufen?" fragt ein | |
Camper. - "Nein nein, wir kiekn nur, det allet sauber bleibt, weil es hier | |
sensible Nachbarn gibt." Gegenüber des Kirchhof residiert die | |
Senatsverwaltung für Inneres. "Wir sind hier für den Frieden", sagt | |
Irmgard. "Wie wir alle", antwortet der Polizist. | |
Für den Friedenseinsatz hat man sich gut gerüstet. Auf dem Tisch steht ein | |
Flachbildschirm, Geschirr und Besteck liegt ordentlich gestapelt auf einem | |
Schrank. Eine Frau bringt Holz für das Lagerfeuer. "Viele Leute helfen uns | |
und bringen Sachen, die wir brauchen", erzählt Sandra. Bis jetzt war die | |
Kälte kein Problem. "Und wenn der Schnee kommt, können wir ein Iglu bauen", | |
sagt sie. Und scheint sich drauf zu freuen. | |
31 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Barbara Cunietti | |
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