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# taz.de -- Besinnungsloser Aufsatz über Drogen: Feinkost für Käfer
> Torsun, Sänger des Berliner Elektropunkduos Egotronic, hat mit „Raven
> wegen Deutschland“ einen kurzweiligen Roman über seine Drogenexperimente
> geschrieben.
Bild: Torsun: Verbimmelter unter Verbimmelten.
Wer viele Drogen nimmt, braucht immer noch mehr. Getreu dieser Maxime, über
deren Praxis Außenstehende nur staunen können, ist „Raven wegen
Deutschland“ das durchgeknallteste Bekenntnis zum Hedonismus seit Langem.
Ein besinnungsloser Aufsatz darüber, was alles mit der Psyche passiert,
wenn sie auf Endlospartys in den Wahnsinn getrieben wird.
Geschrieben in einer Sprache, die auch Leser von „Bussi-Bär“-Comics
nachvollziehen können. Protagonist der Geschichte ist Torsun alias Thorsten
Burkhardt, arbeitslos, unglücklich verliebt, mit dem Duo Egotronic macht er
schrottigen Electropunk.
Im Underground ist der 37-Jährige ein nicht ganz unumstrittener Held, der
qua antideutsche Gesinnung links wie rechts aneckt, auf der Bühne durch
seine Abgehhaltung viele Sympathien unpolitischer Popfans einheimst.
Egotronic sind eine linksradikale Version von The Prodigy: Zu den
Agitproptexten ihrer Chiptunes lässt sich auch pogen.
Tatsächlich leidet Torsuns Musikprojekt nach dem Ausstieg des anderen
Bandmitglieds unter Ladehemmung, weshalb er beschloss, seinen Drogenkonsum
zu erhöhen. Vielleicht führt das ja zu neuer Kreativität, wie er schreibt.
## Wie ein Käfer auf dem Rücken
Er berichtet, wie er sich in das Berliner Bermuda-Dreieck zwischen
Berghain, Bar 25 und den Freiluftclubs entlang der Revaler Straße im
Stadtteil Friedrichshain schmeißt. Dort schluckt er Ecstasy, zieht Speed,
nimmt Ketamin, bis er nur noch wie ein Käfer auf dem Rücken liegend
verharrte, als „Verbimmelter unter Verbimmelten“.
Es wundert, wie sich sein Erinnerungsvermögen erhalten hat und dass er
zusammen mit dem Blogger Daniel Kulla dieses Machwerk verfassen konnte.
Anders, als der Bandname Egotronic suggeriert, ist die Erzählebene nicht im
Autoparlando gehalten, sondern gebrochen: Torsun lässt viele Begebenheiten
aus der Sicht seiner Freunde in eingestreuten Interviews kommentieren.
Burkhardt stammt aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Mit Dancefloor
sozialisiert wurde er in den neunziger Jahren in der Mannheimer Disco
„Milk“. „Doku-Roman“ heißt sein Buch im Untertitel.
Als Nachklapp zur Plagiatsdiskussion um die Guttenbergs oder Hegemanns
wirkt „Raven wegen Deutschland“ erfrischend: Hier experimentiert der
Kleinbürger noch selbst und lässt, wenn er es denn hinter die Türsteher
schafft, die Klassenzugehörigkeiten hinter sich, um mit Gleichgesinnten
auszuschweifen. Zu Risiken und Nebenwirkungen streut Torsun übrigens
nützliche Ratschläge ein.
15 Nov 2011
## AUTOREN
Julian Weber
## TAGS
Antisemitismus
Schwerpunkt AfD
Elektro
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