| # taz.de -- EU zu Finanzwetten und Ratingagenturen: Zahnlos gegen Spekulanten | |
| > Die EU verbietet riskante Finanzmarktwetten gegen Mitgliedstaaten. Bei | |
| > der Regulierung von Ratingagenturen hingegen kneift sie. Eine eigene | |
| > Agentur in Europa soll es nicht geben. | |
| Bild: Die Hauptniederlassung der Ratingagentur Standard & Poor's in New York. | |
| BRÜSSEL taz | Die Europäische Union will Finanzmarktwetten gegen ihre | |
| Mitgliedstaaten erschweren. Das Europaparlament beschloss am Dienstag in | |
| Straßburg ein Verbot von schädlichen Spekulationen auf fallende Kurse von | |
| Staatsanleihen. Kurz danach legte die EU-Kommission einen Vorschlag zur | |
| Regulierung von Ratingagenturen vor. | |
| Eigentlich wollte die EU vor allem den oft willkürlichen Ratings einen | |
| Riegel vorschieben. Die Ratingagenturen spielen eine Schlüsselrolle in der | |
| Schuldenkrise, die die Eurozone an den Rand des Zusammenbruchs gebracht | |
| hat. Seit mehr als zwei Jahren stufen sie regelmäßig die Kreditwürdigkeit | |
| (Bonität) von Krisenländern wie Griechenland, Irland oder Portugal herab - | |
| oft nach der Ankündigung von Sparprogrammen oder vor EU-Gipfeln. Damit | |
| hätten sie zur Verschärfung der Krise beigetragen, heißt es in Brüssel. | |
| Für Empörung sorgte am vergangenen Freitag Standard & Poor's. Die Agentur | |
| hatte Frankreich versehentlich die Topnote "AAA" aberkannt und den Fehler | |
| erst nach Stunden korrigiert - da war Frankreich bereits unter Beschuss der | |
| Märkte geraten. "Das bestärkt mich in der Auffassung, dass Europa eine | |
| strikte und unerbittliche Regulierung beschließen muss", sagte der | |
| französische EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. | |
| Doch die Vorschläge, die Barnier gestern vorlegte, waren zahm. Zwar wird | |
| die Überwachung der Bonitätsprüfer verschärft. Von einem Verbot von Ratings | |
| für Krisenstaaten, die bereits von EU und IWF gestützt werden, ist nicht | |
| mehr die Rede; auch wird die EU darauf verzichten, eine eigene | |
| Ratingagentur zu gründen, um das Oligopol der Amerikaner zu brechen. | |
| ## "Gift für Demokratie und Wirtschaft" | |
| Das Europaparlament zeigte sich enttäuscht. "Die Vorschläge der Kommission | |
| sind mutlos und werden der ernsten Lage an den Märkten nicht gerecht", | |
| sagte der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold. Das Oligopol der großen | |
| drei US-Ratingagenturen sei "Gift für Demokratie und Wirtschaft". Auch der | |
| Chef der europäischen Sozialdemokraten, Martin Schulz, zeigte sich | |
| unzufrieden. Europa brauche eine eigene, unabhängige Ratingagentur, sagte | |
| er. Der Vorfall beim französischen Rating habe gezeigt, dass man den | |
| Agenturen nicht trauen könne. | |
| Immerhin brachten die Abgeordneten ein Verbot besonders riskanter Wetten | |
| gegen ganze Staaten durch. Künftig soll es nicht mehr möglich sein, mit | |
| Kreditausfallversicherungen auf Staatsanleihen zu spekulieren, wenn man die | |
| entsprechenden Anleihen gar nicht hält. Das Verbot kann von nationalen | |
| Behörden aufgehoben werden, wenn es zu sinkender Nachfrage nach | |
| Staatsanleihen und steigenden Zinsen führen würde. Es war zuerst von | |
| Deutschland eingeführt worden. Die anderen 26 EU-Staaten müssen nun | |
| nachziehen. | |
| 16 Nov 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Finanzkrise | |
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