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# taz.de -- Ungarns Kreditwürdigkeit herabgesetzt: Nur noch Ramsch wert
> Die ungarische Regierung bezeichnet die Herabstufung der Kreditwürdigkeit
> des Landes als "spekulativen Angriff". Dabei ist die Krise zum großen
> Teil auch hausgemacht.
Bild: Ungarns Wirtschaft wächst weniger als erwartet. Autos finden keine Abneh…
WIEN taz | Ungarn ist ein Hochrisikoland für Investoren. Das befindet die
gefürchtete Ratingagentur Moody's, die in der Nacht auf Freitag die
ungarische Kreditwürdigkeit von der Note Baa3 um eine Stufe auf Ba1
herabstufte. Im saloppen Wirtschaftssprech gelten die Staatsanleihen jetzt
als "Junk", haben also Ramschniveau. Frisches Geld wird damit teurer.
Obwohl Steuererhöhungen bereits beschlossen wurden, dürfte eine Sanierung
des Haushalts noch schwieriger werden.
Anlass für Moody's Urteil war wohl ein Ereignis, das sich zunächst positiv
ausgewirkt hatte: Als Ungarns Premier Viktor Orbán vor wenigen Tagen
enthüllte, dass er mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) wieder in
Verhandlungen getreten sei, erholte sich die kurz vorher abgestürzte
Landeswährung Forint umgehend. Notierte der Wechselkurs zum Euro vorher bei
317, lag er dann bei 298 Forint. Nun ist er wieder drastisch gefallen.
Obwohl Experten längst mit einer Herabstufung gerechnet hatten, reagierte
die rechtsnationalistische Regierung von Premier Viktor Orbán empört. Ein
Kommuniqué des Wirtschaftsministeriums sah "Finanzangriffe gegen Ungarn",
die nicht gerechtfertigt seien. Schließlich sei die Wirtschaft gesund.
Tatsächlich kann Ungarn auf eine positive Handelsbilanz verweisen. Der
Budgetüberschuss, der dieses Jahr erwirtschaftet wurde, ist allerdings der
Verstaatlichung der privaten Pensionskassen zu verdanken, deren Plünderung
umgerechnet 11 Milliarden Euro an Einnahmen einbrachte.
Orbán hatte den IWF im Sommer 2010 mit großem Getöse aus dem Land geworfen.
Und auch die von Brüssel geforderte Budgetdisziplin wurde als Affront
aufgefasst.
Dennoch ist Ungarn abhängig vom Euroraum und macht das Land besonders
empfindlich für die gegenwärtigen Turbulenzen. Hinzu kommt, dass
ausländische Investoren durch Sondersteuern vergrämt werden. Banken,
Supermarktketten und Telekom-Unternehmen müssen zusätzliche 2,5 Prozent vom
Umsatz abführen.
"Vom Umsatz, nicht vom Gewinn", kritisiert Ökonom András Inotai. "So was
gab es nur im Bolschewismus." Damit hat Ungarns Regierung ein gravierendes
Glaubwürdigkeitsproblem. Ausländische Investoren müssen Schikanen fürchten.
Dazu kommt, dass Orbán wichtige Posten mit Parteigängern fragwürdiger
Kompetenz zu besetzen pflegt. Eine langfristige Wirtschaftsplanung fehle,
so Inotai
Österreichs Banken, deren ungarische Tochtergesellschaften zwei Drittel der
Kredite in Ungarn vergeben, haben zudem für kommendes Jahr von der
österreichischen Finanzmarktaufsicht die Auflage bekommen, nicht mehr als
110 Prozent der lokalen Einlagen - also nur etwa die Hälfte des bisherigen
Volumens - als Darlehen auszugeben.
Die logische Folge werde sein, so warnen Ökonomen, dass Unternehmen weniger
Geld bekommen und daher auch weniger investieren werden. Schon vor dieser
Maßnahme hat die Regierung die eigenen Wachstumsprognosen für 2012 von 3
auf 1 Prozent heruntergeschraubt.
25 Nov 2011
## AUTOREN
Ralf Leonhard
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