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# taz.de -- Rechtsterroristischer Mord in Hamburg: Alles offenlegen
> Die "Unternehmer ohne Grenzen" fordern Aufklärung über die Verbindungen
> von Geheimdiensten und Neonazis. Die Polizei weist den Vorwurf
> einseitiger Ermittlungen zurück.
Bild: Fordern Aufklärung: Mitglieder der Türkischen Gemeinde in Hamburg Kazim…
HAMBURG taz | Das kleine Bistro "Kühne Lage" in der Schützenstraße in
Hamburg-Bahrenfeld ist am Mittwochmorgen völlig überfüllt. Journalisten aus
ganz Deutschland und der Türkei, aber auch Vertreter antirassistischer
Initiativen sind zur Pressekonferenz des Vereins "Unternehmer ohne Grenzen"
angereist.
Eigentlich sollte der Bruder von Süleyman Tasköprü kommen, der nur drei
Häuser weiter am 27. Juni 2001 in dem Gemüseladen der Familie durch drei
Kopfschüsse hingerichtet worden ist. Der 31-Jährige war das dritte Opfer,
das später in die bundesweite Liste der sogenannten Döner-Morde aufgenommen
wird. "Süleyma Tasköprü steht unter Schock, der Arzt hat ihm dringend
abgeraten, zu kommen", sagt der Vereinsvorsitzender Kazim Abaci.
Abaci ist mit Schuldzuweisungen vorsichtig: "Haben die Sicherheitsbehörden
versagt?", fragt der türkische Geschäftsmann. Auffällig sei, dass die
Mordopfer alles Gewerbetreibende gewesen seien. Die wirtschaftlichen
Aktivitäten von Einwanderern seien immer schon "Zielscheibe rassistischer
und neonazistischer Kräfte gewesen".
Eines steht für den 46-Jährigen Unternehmer fest: "Neonazis haben in den
Sicherheitskräften Verbündete gehabt." Abaci spielt damit auf die
Spekulationen an, dass der Verfassungsschutz die Gruppe über einen V-Mann
mit aufgebaut haben soll. "Wir wollen Aufklärung darüber, in welchem Ausmaß
Neonazis in den Geheimdiensten Unterstützer hatten", fordert Abaci.
Auch Hüseyin Yilmaz, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Hamburg, ist
entsetzt. Vor 25 Jahre sei Ramazan Avci auf offener Straße von Skinheads
erschlagen worden, nun sei klar, "dass sogar der Staat daran beteiligt
ist", Menschen "zu ermorden, weil sie Geschäftsleute sind." Yilmaz fordert,
"dass alles gelüftet wird, was bisher nicht offen dargelegt wurde".
## "Augenzeugen gab es nicht"
Der Friseur Behcet Algan aus Hamburg-Ottensen, der Süleyman Tasköprü schon
als Kind kannte, wirft den Ermittlern vor, nur "mit einem Auge gearbeitet
zu haben". Schon allein der Begriff "Döner-Morde" löse Assoziationen aus,
die mit dem Drogenmilieu und der Mafia verbunden sind.
Die Polizei weist einseitige Ermittlungen im Fall Süleyman Tasköprü zurück:
"Wir hatten keine Spuren und keinerlei Hinweise auf Täter und Motiv", sagt
Polizeisprecher Mirko Streiber, der damals bei der Mordkommission in den
Ermittlungen tätig war. Tasköprü war von seinem Vater blutüberströmt im
Laden Schützenstraße 39 gefunden worden. "Augenzeugen gab es aber nicht",
erinnert sich Streiber.
Der Staatsschutz sei routinemäßig eingebunden worden, aber auch diese
Abteilung habe keine Indizien für eine politische oder ausländerfeindlich
motivierte Tat gefunden. Relativ schnell sei jedoch ein Zusammenhang zu
einer "Ceska 83, Kaliber 7,65 Millimeter" erkannt worden, womit in Nürnberg
zwei türkische Geschäftsinhaber erschossen worden waren. "Wir hatten am
Tatort zwar keine Patronenhülsen gefunden", sagt Streiber, da der Mörder
die Tatwaffe mit Schalldämpfer vermutlich in eine Plastiktüte gestülpt
habe. Jedoch habe aufgrund der Spuren am Geschoss ein Zusammenhang
hergestellt werden können.
Die Ermittlungen hat dann in Hamburg federführend die "Soko 061" des
Dezernat Organisierte Kriminalität übernommen. Es seien sogar "operative
Fallanalysen" und Täterprofile erstellt worden, berichtet Streiber. Bis
Juni 2006 seien 270 Spuren verfolgt, 330 Zeugen vernommen und fast 2.000
Menschen überprüft worden, bis die Federführung an die Nürnberger
Sonderkommission "Bosporus" abgegeben wurde, die einen türkischen Killer in
Betracht gezogen habe.
16 Nov 2011
## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
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