# taz.de -- Journalist über Radio Vatikan: "Man muss katholisch sprechen" | |
> Bernd Hagenkord arbeitet für Radio Vatikan, er leitet die | |
> deutschsprachige Sektion. Wie vertragen sich eigentlich Journalismus und | |
> Kirche? | |
Bild: Radio Vatikan: "Wir machen Überzeugungsjournalismus." | |
taz: Herr Hagenkord, Sie sind Leiter der deutschsprachigen Sektion von | |
Radio Vatikan. Hört das denn wer? | |
Bernd Hagenkord: Statistisch sind wir an der Wahrnehmungsgrenze. Wenn man | |
die letzten, veralteten Zahlen nach unten korrigiert, dann rechnen wir mit | |
etwa 250.000 Hörerinnen und Hörern in Deutschland, Österreich, Schweiz und | |
Südtirol. | |
Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen, wenn ich für Radio Vatikan | |
arbeiten will? | |
Man muss Journalist sein, also sein Handwerk verstehen. Und man muss | |
katholisch sein. Man muss mit Überzeugung für das stehen, was wir hier tun, | |
man muss katholisch sprechen. | |
Wie verträgt sich denn journalistische Professionalität mit der Arbeit für | |
eine päpstliche Institution? | |
Wir machen Überzeugungsjournalismus. Wer Radio Vatikan anschaltet bekommt | |
nicht sogenannte kritische Berichterstattung über den Vatikan, sondern die | |
Stimme aus dem Vatikan. Der Kirche in Deutschland ist am besten dadurch | |
gedient, dass wir Informationen liefern, gerade was den Vatikan angeht. Was | |
macht der Papst, was geht in der Welt und in der Weltkirche vor - darüber | |
wollen wir kontinuierlich berichten, nicht nur die Bruchstücke wie etwa die | |
Benettonkampagne. | |
Muss man den Deutschen den Vatikan immer wieder erklären? | |
Ja. Vieles sind Schnellschüsse und liebevoll gepflegte Missverständnisse. | |
Zum Beispiel? | |
Das Wort "mittelalterlich. Da bekomme ich das Grausen. Ich bin studierter | |
Historiker. Als "mittelalterlich" wird alles abgetan, was nicht dem | |
Zeitgeist entspricht. Die deutschsprachige Kirche hat einfach eine ganz | |
eigene Geschichte durch die Auseinandersetzung mit der Reformation. Aber | |
wir sind nicht der Nabel der Welt - das erfahre ich hier im Radio täglich, | |
wenn ich den Kollegen aus Brasilien oder Benin zu erklären versuche, wie | |
die deutsche Kirche tickt. Der Deutsche denkt gern: Wenn alle so wären wie | |
ich, wäre alles besser. | |
Italien ist schön - wenn nur die Italiener nicht wären. | |
Genau. Da hilft der Blick von aussen doch sehr. Wir wollen die Weltkirche | |
im Blick behalten. Manchmal klappt das sogar. | |
In katholischen Internetforen liest man, ihre Sektion sei der Vorreiter | |
eines 'Linkskatholizismus. Was ist da dran? | |
Nichts. Ich bin ein treu-braver Katholik und habe durchaus meine Probleme | |
mit dem, was in Deutschland so als d i e liberale Kirche bezeichnet wird. | |
Ich stelle gern Fragen, deswegen hätte ein liberaler Katholik genauso | |
Probleme mit mir wie ein konservativer. Und ich interessiere mich für die | |
ganze Bandbreite, wir stehen für die Weltkirche, nicht für eine Strömung. | |
Ist die katholische Kirche medial in der Gegenwart angekommen? | |
Die eine katholische Kirche gibt es nicht. Wieviel Prozent der | |
Weltbevölkerung waren denn schon mal im Netz oder haben wenigstens ein | |
Telefonat geführt? Wir im Westen sind eine Minderheit. Trotzdem wird Radio | |
Vatikan natürlich immer mehr ein multimediales Radio. | |
Und der Papst? | |
Johannes Paul II war ein Medienpapst. Ich finde aber Benedikt XVI gerade | |
deswegen so sympathisch, weil er den Medien sagt: Ich richte meine | |
Botschaft nicht nach dem, was ihr denkt. Das ist manchmal schwierig, aber | |
es stellt für mich sicher, dass der Papst sein Fähnchen nicht nach dem | |
Winde hängt. Klar ist aber: Wir müssen eine neue Sprache finden, nicht nur | |
neue Worte, um das Alte zu sagen. Das muss sich anpassen an die Art und | |
Weise, wie Menschen heute denken und leben. Texte ins Internet zu stellen, | |
reicht nicht, um wieder Leben in den Glauben zu bringen. | |
22 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Ambros Waibel | |
Ambros Waibel | |
## TAGS | |
Schweiz | |
katholisch | |
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