# taz.de -- Studie der Kassenärzte: Warten auf den Doc | |
> Eine Umfrage der Kassenärztlichen Vereinigung ergab lange Wartezeiten für | |
> gesetzlich Versicherte. Auch fühlten sich Patienten zu privat bezahlten | |
> Zusatzleistungen gedrängt. | |
Bild: Drängeln offenbar zu häufig: Ärzte. | |
BERLIN taz | Fast ein Viertel aller gesetzlich Versicherten muss auf einen | |
Facharzttermin länger als drei Wochen warten. Das ergab eine repräsentative | |
Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen für die Kassenärztliche | |
Bundesvereinigung (KBV). Während 24 Prozent der gesetzlich Versicherten | |
diese langen Wartezeiten angaben, mussten nur 5 Prozent der privat | |
Versicherten über 3 Wochen warten. | |
Allerdings sind deutsche PatientInnen relativ duldsam: Nur 11 Prozent | |
fanden, sie hätten zu lang auf ihren Termin gewartet. "Es gibt Fälle, in | |
denen Patienten eindeutig zu lang warten müssen," kommentierte der | |
Vorstandsvorsitzende der KBV, Andreas Köhler: "Für sie müssen wir noch | |
Lösungen finden". | |
Die Linkspartei hat die Lösung schon gefunden: "Geld regiert die | |
Arztpraxen", analysiert ihre gesundheitspolitische Sprecherin Martina Bunge | |
und fordert, die Zwei-Klassen-Medizin abzuschaffen, indem Private | |
Krankeversicherungen verboten werden. | |
Ansonsten brachte die Umfrage für ÄrztInnen angenehme, für PatientInnen | |
allerdings nicht so angenehme Ergebnisse zutage. So etwa zum Thema | |
IGeL-Leistungen, also ärztlichen Zusatzleistungen, die medizinisch nicht | |
unbedingt notwendig sind und gern unter Namen wie "General-Check" oder | |
"Sono-Check" angeboten werden: Von den ÄrztInnen, die diese Leistungen von | |
sich aus anboten, konnten 64 Prozent sie danach auch durchführen und | |
berechnen. | |
## Portalbewertungen nicht hilfreich | |
Negativ wurde vermerkt, wenn sie zu sehr drängelten: 20 Prozent der | |
PatientInnen, die IGeL-Leistungen in Anspruch nahmen, bemängelten eine | |
nicht ausreichende Bedenkzeit. KBV-Vorstand Andreas Köhler ermahnte deshalb | |
die Ärzte, das Vertrauen der Patienten nicht aufs Spiel zu setzen. | |
Bewertungsportale für ÄrztInnen im Internet spielen laut Befragung noch | |
kaum eine Rolle bei der Arztwahl. Nur 10 Prozent der PatientInnen nutzten | |
sie – und über die Hälfte der NutzerInnen fanden sie nicht hilfreich. Viele | |
dieser Portalbewertungen werden von Ärzten als willkürlich kritisiert. | |
Allerdings wurden in der Studie keine Unterschiede gemacht zwischen privat | |
finanzierten Allerweltsportalen und den professioneller angelegten der | |
Krankenkassen. AOK-Sprecher Udo Barske kommentiert denn auch: "Das Angebot | |
der Arztbewertung im Internet wird gut angenommen, wenn es gut und mit | |
Qualitätsanspruch gemacht ist." | |
Nach wie vor unzufrieden zeigen sich die Patienten mit der "aut idem" | |
Regelung. Durch sie wird zur Regel, dass Apotheken rabattierte oder | |
billigere Medikamente abgeben können, wenn der Wirkstoff dem vom Arzt | |
verordneten gleicht. Mit 44 Prozent spricht fast die Hälfte der | |
PatientInnen den billigeren Medikamenten das Mißtrauen aus. Helfen wollen | |
sich die Ärzte in Zukunft damit, dass sie vermehrt nur noch den Wirkstoff, | |
und nicht den Namen des Medikaments aufschreiben, so dass Patienten sich | |
gar nicht erst an eine bestimmte Pillenpackung gewöhnen. | |
21 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
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