# taz.de -- Haushaltsdebatte im Senat: Das süße Gift der Wohltaten | |
> SPD-Senat hält an der Sanierung des Hamburger Haushalts bis 2020 fest. | |
> Die Opposition fordert eine raschere Konsolidierung - nur die Linke will | |
> Investitionen. | |
Bild: "Schulden - na und?", sagt die Schuldenuhr vor der Uni, indem sie Privatv… | |
Olaf Scholz (SPD) schwankt nicht. Die aktuellen positiven Steuerschätzungen | |
würden seinen Senat "nicht veranlassen, jetzt auf bequemerem Weg zu | |
spazieren", stellte der Erste Bürgermeister am Mittwoch vor der | |
Bürgerschaft klar. Die Ausgaben würden weiterhin geringer wachsen als die | |
Einnahmen: "Das ist ein schmaler Korridor. Durch den müssen wir durch", | |
sagte er in der Generaldebatte über den Doppelhaushalt für die Jahre 2011 | |
und 2012. | |
Der vorlegte Haushaltsplan mit einem Volumen von jährlich mehr als elf | |
Milliarden Euro (siehe Kasten) sei die Grundlage für den Sanierungskurs für | |
die kommenden Jahre. Ab 2020 gelte die Schuldenbremse, dann dürfe "nicht | |
mehr ausgegeben als eingenommen werden", so Scholz. | |
CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich hatte in seinem halbstündigen | |
Rundumschlag dem SPD-Senat vorgeworfen, "statt auf die Schuldenbremse zu | |
treten, noch neun Jahre lang hemmungslos neue Schulden zu machen, die | |
unsere Zukunft bedrohen". Die SPD habe mit der Abschaffung der | |
Studiengebühren und dem kostenlosen Kita-Mittagessen "dem süßen Gift neuer | |
Wohltaten nicht widerstanden", gleichzeitig aber nirgends gespart und somit | |
"Wählerbetrug pur" betrieben. | |
Der "milliardenschwere Sanierungsstau bei der Infrastruktur", den die CDU | |
hinterlassen habe, bedrohe den Haushalt und die Lebensqualität, kritisierte | |
SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. Deshalb müsse der Senat den | |
Investitionshaushalt "mit einem mehrjährigen Sanierungsprogramm vom Kopf | |
auf die Füße stellen". Das sei ein wichtiger Punkt für das Ziel, "ab 2020 | |
die Schuldenbremse des Grundgesetzes einzuhalten". Alle Politikbereiche | |
würden deshalb "auf die Zielmarke 2020 ausgerichtet", so Dressel. Das gelte | |
auch für den Neubau von jährlich 6.000 Wohnungen, um für das erwartete | |
Wachstum von knapp 1,8 Millionen auf mehr als 1,9 Millionen Einwohner bis | |
2025 gewappnet zu sein. | |
GAL- Fraktionschef Jens Kerstan monierte, die geringen Steigerungen im | |
Uni-Etat würden durch steigende Personalkosten und Inflation "doppelt und | |
dreifach aufgefressen", durch den Abbau der Ein-Euro-Jobs stünden "viele | |
soziale Projekte nach jahrelang erfolgreicher Arbeit in sozialen | |
Brennpunkten vor dem Aus". Zudem werde "die demonstrative Ignoranz | |
gegenüber Umweltproblemen zum Markenzeichen des Bürgermeisters". | |
Aufs Korn nahm Kerstan einen SPD-Antrag, die Mittel für die Bekämpfung des | |
Rechtsextremismus um 10.000 Euro aufzustocken und diesen Betrag aus der | |
Flüchtlingsarbeit zu nehmen. "Sie bekämpfen die Neonazis mit dem Geld, das | |
bislang ihren potenziellen Opfern zur Verfügung steht", klagte Kerstan. Das | |
sei "an Peinlichkeit nicht zu überbieten". | |
Die SPD habe finanzpolitische Solidität versprochen, betreibe aber | |
populistische Haushaltspolitik, kritisierte FDP-Fraktionschefin Katja | |
Suding. Die Abschaffung der Studiengebühren und des Elternzuschusses beim | |
Kita-Mittagessen sei "unvernünftig und unverantwortlich". Damit würden | |
Wahlgeschenke ohne Gegenfinanzierung verteilt. Die SPD werde, so Suding, | |
"künftigen Generationen ein weiter ansteigendes Milliardendefizit | |
hinterlassen". | |
Jürgen Bischoff von der Linkspartei sprach sich dafür aus, nicht nur zu | |
sparen, sondern auch mit gezielten Investitionen die Unterfinanzierung | |
vieler Projekte und die soziale Spaltung Hamburgs "zumindest abzumildern". | |
Stadtteile wie Billstedt oder Wilhelmsburg mit Kinderarmutsquoten von über | |
50 Prozent "signalisieren den hohen Handlungsbedarf", mahnte der | |
Finanzexperte der Linken. | |
22 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
M. Carini | |
S.-M. Veit | |
## TAGS | |
Schuldenbremse | |
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