# taz.de -- Einstiger NRW-Landesbank droht Klagewelle: Risikoreiche Geschäfte | |
> Die WestLB hat Kommunen undurchsichtige Geschäfte angeboten. Nachdem | |
> jetzt riesige Verluste aufgelaufen sind, ziehen die Kommunen vor Gericht. | |
Bild: Die in Aussicht gestellten Gewinne konnten nicht eingefahren werden. | |
BOCHUM taz | Das Geschäft, mit dem die WestLB 2005 an das 30.000 Einwohner | |
zählende Städtchen Kreuztal im Siegerland herantrat, klang verlockend: Um | |
150.000 Euro jährlich könnten die Zinszahlungen der Kommune gesenkt werden, | |
warben die Landesbanker. Voraussetzung für diese „Zinsoptimierung“ sei | |
lediglich eine Kopplung der Schulden an den Schweizer Franken. Sinke der | |
Wert der Schweizer Währung im Vergleich zum Euro wie erwartet – die Zinsen | |
Kreuztals würden dahinschmelzen. | |
Es folgte die Finanz- und Wirtschaftskrise. Der Franken wurde nicht | |
schwächer, sondern immer stärker – mit fatalen Folgen für die Stadt: „Uns | |
drohen Verluste von 16 Millionen Euro“, klagt Kämmerer Michael Kass, der | |
pro Jahr einen Gesamthaushalt von gerade einmal 75 Millionen Euro | |
verwaltet. „Wir fühlen uns falsch beraten“, sagt Kass. Schließlich lägen | |
die Risiken der „Swaps“ genannten Währungswetten allein auf Seiten der | |
Kommune: „Nur unser Geschäftspartner, der verdient“. | |
Kreuztal ist kein Einzelfall: Mindestens 40 Kommunen allein in | |
Nordrhein-Westfalen haben ähnliche Geschäfte bei der WestLB abgeschlossen, | |
sagt Martin Lehrer, Sprecher des Städte-und Gemeindebunds. „In 20 Städten | |
gibt es bereits den Ratsbeschluss, Klage einzureichen.“ Denn offenbar hat | |
die WestLB die hochspekulativen Währungswetten besonders gern an | |
Kleinstädte verkauft, deren Kämmereien die großen Risiken nicht erkannten: | |
Zu dem Kunden gehören Kommunen wie das bergische Hückeswagen mit seinen | |
15.000 Bewohnern oder das 30.000 Einwohner zählende Ennepetal. | |
Wie Kreuztal verklagen beide die WestLB. „Zusammen mit unserer eigenen | |
Sparkasse hat uns die WestLB versichert, wir könnten mit den Swaps nichts | |
falsch machen“, sagt der Hückeswagener Bürgermeister Uwe Ufer. | |
Vor Gericht stehen die Chancen der Städtchen auf Rückabwicklung oder | |
Schadenersatz nicht schlecht. „Wir gehen sehr positiv in die Verfahren“, so | |
der Rechtsanwalt Jochen Weck von der auf Kapitalmarktrecht spezialisierten | |
Münchener Kanzlei Rössner zur taz. | |
Der Jurist allein vertritt nach eigenen Angaben über zehn Kommunen gegen | |
die WestLB. Schließlich gelte für Kommunen ein Spekulationsverbot, | |
argumentiert Weck – die einstige Zentralbank der kommunalen Sparkassen habe | |
wissen müssen, dass sie Kreuztal, Hückeswagen & Co. die hochgefährlichen | |
Zinswetten überhaupt nicht habe verkaufen dürfen. | |
„Die Risiken der WestLB gehen gegen Null, die der Städte gegen unendlich“, | |
beschreibt Anwalt Weck das „Beratungsverschulden“ der Düsseldorfer: „Die | |
Bank kreiert Risiken, überträgt die auf ihre Kunden und lässt sich dafür | |
noch bezahlen.“ | |
Außerdem beruft sich der Jurist auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) | |
vom März: Sollte der Marktwert hochspekulativer Zinswetten schon bei | |
Unterschrift unter den Vertrag im Minus liegen, müssten Banken ihre Kunden | |
auf das schlechte Geschäft hinweisen, so das höchstrichterliche Urteil. | |
Auch viele Swaps der NRW-Kommunen waren von Beginn an in der Verlustzone. | |
Gewarnt habe die WestLB trotzdem nicht, versichern die Lokalpolitiker. | |
Die Düsseldorfer Großbank weist die Vorwürfe zurück. „Umfassend und | |
ausführlich“ habe sein Institut „über Chancen und Risiken der Produkte | |
beraten und aufgeklärt“, versichert WestLB-Sprecher Armin Kloß dazu nur. | |
Schuld seien die Kommen selbst, ist aus Bankenkreisen zu hören: Vor der | |
Finanzkrise seien die eben zu hohen Risiken bereit gewesen. Über Gewinne | |
aus den hochspekulativen Swaps habe sich noch niemand beschwert, sagt ein | |
Banker. | |
Der Bund der Steuerzahler NRW rät den Lokalpolitiker trotzdem zur Klage. | |
„Jetzt schlägt die Stunde der Kommunen“, hatte Vorstandsmitglied Eberhard | |
Kanski schon nach dem BGH-Urteil vom März frohlockt. | |
Doch selbst bei erfolgreichen Klagen wird letztlich die Gemeinschaft der | |
Steuerzahler die Verluste der Währungswetten tragen müssen: Als Folge der | |
Finanzkrise ist die Auflösung der WestLB, die selbst Milliarden verzockt | |
hat, längst beschlossen. Die Verluste der einstigen Landesbank tragen die | |
Eigentümer – und das sind das Land Nordrhein-Westfalen und die kommunalen | |
Sparkassen. | |
25 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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