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# taz.de -- Minderheitenrechte in Russland: Keine Versammlungsfreiheit für Hom…
> Ein Gesetz in Sankt Petersburg will öffentliche Auftritte von Schwulen
> und Lesben mit Geldstrafen ahnden. Offiziell dient die Maßnahme dem
> Jugendschutz.
Bild: Festnahme des russischen Homo-Aktivisten Nikolai Alexejew im September 20…
MOSKAU taz | Für Homosexuelle in Sankt Petersburg brechen jetzt noch
härtere Zeiten an: Fast einstimmig verabschiedete die Stadtversammlung
letzte Woche ein Gesetz, das die Versammlungsfreiheit von sexuellen
Minderheiten weiter einschränkt. Demnach werden "öffentliche Aktionen", die
Homo-, Bi- und Transsexualität propagieren, mit Geldstrafen von bis zu
1.250 Euro geahndet.
Wohl wissend, dass sie gegen die russischen Gesetze und internationale -
von Russland unterzeichnete - Konventionen wie die UN-Menschenrechtscharta
verstoßen, fügten die Initiatoren noch eine geschickt formulierte
Einschränkung hinzu: Nur solche öffentlichen Aktionen sollen geahndet
werden, denen Minderjährige ausgesetzt sein könnten. Um nicht international
in die Schusslinie zu geraten, prangern sie auch nicht Homosexualität
schlechthin, sondern deren öffentliche Zurschaustellung an.
Die Initiative wird als Jugendschutzmaßnahme dargestellt. Da sich bei
öffentlichen Veranstaltungen die Präsenz von Jugendlichen jedoch kaum
verhindern lässt, kommt das Gesetz einem generellen Versammlungsverbot
gleich. Dass das Gesetz vor allem auf die Kriminalisierung von Minderheiten
abzielt, legt auch die Gleichsetzung von Homosexualität und Pädophilie im
Gesetzestext nahe.
Die Initiative ergriff der Abgeordnete Witali Milonow, der der
Regierungspartei "Geeintes Russland" angehört und Amtsträger der
ultrakonservativen russisch-orthodoxen Kirche ist. "Apostel Paulus ist eine
größere Autorität als das Gesundheitsministerium", meinte Milonow. Er
spielte damit darauf an, dass auch in Russland Homosexualität seit 1999
offiziell nicht mehr als krankhafte Abweichung definiert wird. Bis 1993
wurde gleichgeschlechtliche Liebe auch noch strafrechtlich verfolgt.
Vertreter der Moskauer Schwulenbewegung vermuten, dass die Regierungspartei
mit dem Gesetz kurz vor den Dumawahlen auf Stimmenfang gehen will. Denn
Homophobie ist in der russischen Gesellschaft weit verbreitet. Nicht
zufällig signalisierte auch die Vorsitzende des Oberhauses der Duma,
Valentina Matwijenko, umgehend Zustimmung: Es sei zu überlegen, die
regionale Initiative in ein föderales Gesetz zu verwandeln, sagte sie.
Sankt Petersburg ist nicht die erste Kommune in Russland, die per Gesetz
gegen Schwule vorgeht. Vorreiter war das Verwaltungsgebiet Rjasan in der
Nähe von Moskau 2006; vor zwei Monaten verabschiedete auch der
Nordmeerhafen Archangelsk ein Versammlungsverbot.
Dem Berater des Föderationsrates, Issajew Kostojew, geht das Gesetz noch
nicht weit genug. Er macht den Vorschlag, "ein Lager für Homosexuelle
einzurichten, wo sie für immer leben, arbeiten und einander lieben können".
Auch Wachen und Personal sollten aus dem "gleichen Milieu" stammen.
Verschiedene Gruppen kündigten an, gegen das Gesetz vor dem Europäischen
Menschengerichtshof in Straßburg zu klagen.
25 Nov 2011
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
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