# taz.de -- Strahlenbelastung nach Fukushima: "Im besten Fall ist es Inkompeten… | |
> Wie hoch ist die Strahlung in Japan nach Fukushima? Welchen Daten kann | |
> man trauen? Ein Gespräch mit einem Kartendesigner über schlechte Grafiken | |
> und unsinnige Mittelwerte. | |
Bild: Pinke Dramatik: Die Grafik zeigt die Strahlenbelastung rings um Fukushima. | |
taz: Worin unterscheiden sich Ihre Strahlenkarten von offiziellen | |
Darstellungen? | |
Andreas Schneider: Es gibt inzwischen sehr viele Daten. Leider in den | |
unterschiedlichsten Formaten, aus unterschiedlichsten Quellen, und keinen | |
Standard zur Umsetzung. Wir bringen alle Daten auf ein gemeinsames Format | |
und benutzen eine durchgängige Farbskala, um die Werte vergleichbar zu | |
halten. Wir stellen die Werte in Listen, auf 2-D-Karten und interaktiv | |
räumlich dar. Erst so wird das Ausmaß der Strahlung verständlich. | |
Was sind Ihre Quellen für die Strahlenwerte? | |
Wir nehmen nur offizielle Daten, auch wenn wir es nicht richtig finden, | |
dass ein wesentlicher Teil immer noch vom Verursacher Tepco stammt. Diese | |
ziehen wir mit einer eigenen Software aus dem Internet. Wir aktualisieren | |
stündlich 430 Stationen aus 23 Quellen. | |
Was ist denn mit Daten von Freiwilligen-Initiativen wie Safecast? | |
Das finden wir sehr positiv. Leider ist es bei diesen | |
Crowd-Sourcing-Initiativen nicht einfach, die Konsistenz der Daten - wer | |
hat wie wo gemessen, wie sind die Geräte kalibriert – zu sichern. Daten aus | |
unterschiedlichen Zeiträumen werden gemischt angezeigt, Aktualisierung ist | |
nicht gewährleistet. Schade, dass es nicht besser ist. | |
Wie ist die Strahlung in Fukushima heute? | |
In den Medien zeigt keine einzige Karte den aktuellen Wert am Reaktor in | |
Fukushima. Tepco veröffentlicht Messungen, aber versteckt sie in einem | |
File, das nicht automatisiert ausgelesen werden kann. Das müssen wir | |
täglich von Hand eingeben. Unglaublich! Am Südtor haben wir immer noch 280 | |
Mikro-Sievert pro Stunde - das ist mehr als das 3000-fache des Normalwerts. | |
Was ist mit dem dichten Netzwerk, das die Regierung aufgebaut hat? | |
Ich glaube, das sind erst noch Pläne. Im Juli und August wurden sehr | |
detailierte Messungen in der Provinz Fukushima vorgenommen. Ähnliche Daten | |
werden schrittweise in allen Provinzen erhoben. Die Messdaten aus Fukushima | |
wurden uns zur Verfügung gestellt, alle Folgedaten nicht mehr. Das sei | |
technisch schwierig, hören wir vom Ministerium. | |
Was halten Sie von den offiziellen Strahlenkarten? | |
Sie sind leider sehr chaotisch. Hohe Werte etwa werden in den Farben Gelb | |
und Grün angezeigt, die man emotional als harmlos wahrnimmt. Es gibt keine | |
kontinuierliche Skalierung der Farbwerte. Manche Karten zeigen einen | |
Mittelwert für jede Präfektur. Das ist Unsinn. | |
Haben Sie für diese Methoden eine Erklärung? | |
Im besten Fall ist es Inkompetenz. Alle sind besorgt, was zu tun ist, nicht | |
nur im engeren Bereich um Fukushima, die Eltern, die Kindergärten und | |
Schulen. Da finden wir diese Art der Kommunikation fahrlässig. | |
Wie lässt sich Ihr eigenes Angebot noch verbessern? | |
Wir würden gerne detailierte personalisierte Dienste anbieten, also | |
Informationen für den täglichen Gebrauch, etwa für Kindergärten und | |
Schulen. Die Leute haben Angst und wenn man ihnen die nehmen könnte, wäre | |
schon viel geholfen. | |
Andreas Schneider war anlässlich der "Berliner Gazette"-Konferenz | |
[1]["Learning from Fukushima"] in Berlin | |
27 Nov 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://berlinergazette.de/learning-from-fukushima/ | |
## AUTOREN | |
Martin Fritz | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
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