| # taz.de -- SPD-Parteichef auf Sponsoren-Rallye: Ende mit Ente | |
| > Zwölf Termine in 24 Minuten - SPD-Chef Sigmar Gabriel und seine Rallye | |
| > durch die Sponsoren auf dem Parteitag. Am Ende hat er sogar etwas für die | |
| > Badewanne. | |
| Bild: Schnelle Umarmung fürs Foto: Anti-Asse-Aktivist Manfred Kramer (l.) und … | |
| Sigmar Gabriel lässt sich Zeit. Er lässt sich sehr viel Zeit. „Er kommt | |
| gleich“, sagt eine Mitarbeiterin aus dem Willy-Brandt-Haus, sie schaut | |
| etwas verschämt, vor 35 Minuten hatte Gabriel einen Termin mit Journalisten | |
| zum Hallenrundgang. Sie reckt ihren Kopf, aber der Parteichef sitzt im | |
| benachbarten Plenum. Er bewegt sich nicht. | |
| Eine Viertelstunde später kommt Sigmar Gabriel am vereinbarten Treffpunkt | |
| in Halle 1 des SPD-Bundesparteitags in der Station in Berlin-Kreuzberg an. | |
| Er besucht jetzt die Sponsoren des Parteitags. Die Kameras gehen an. Die | |
| Scheinwerfer strahlen dem Parteichef ins Gesicht. Ab jetzt geht alles ganz | |
| schnell. Schnallen Sie sich an. | |
| Gabriel unterhält sich mit den Vertretern von General Electric, es geht um | |
| Offshore Energie. „Guten Tag“, sagt Sigmar Gabriel, „mit Eurem Thema habe | |
| ich mich viel beschäftigt als Umweltminister“. Manche in der SPD würden ja | |
| denken, man könne voll auf dezentrale Energien umschalten, sagt Gabriel, | |
| „das teile ich nicht“. | |
| Dann sieht Gabriel eine junge Familie in der Ecke des Standes sitzen – | |
| dreht sich um, geht hin. „Na, lasst Ihr Euch hier verköstigen?“ Ein Kind | |
| kaut den Parteichef mit offenem Mund an. | |
| Noch zwei Sätze, dann dreht sich Gabriel wieder weg, das war die erste | |
| Station. Er war fünf Minuten dort. Später wird man feststellen, dass dies | |
| ein vergleichsweise langer Stop war. | |
| Gabriel geht jetzt zum nächsten Stand, wieder regenerative Energien, | |
| diesmal ein Verband. Fünf Vertreter stehen vor ihm. Gabriel sagt: „Ihr seid | |
| ja auch Lobbyisten“. Lachen. Antwort: „Aber die guten.“ Gabriel: „Ja, | |
| genau, die guten.“ | |
| Die nächste Drehung, jetzt wird es eng. Gabriel drängelt sich durch die | |
| schmalen Stände. Um ihn herum Bodyguards, Mitarbeiter aus der | |
| Parteizentrale, Journalisten. Die Kameraleute quetschen sich mit dem | |
| Parteichef durch die Gänge. Eine Kamera trifft einen Fotografen am Kopf. | |
| Ein Namensschild fliegt zu Boden. Egal, erst mal Bilder machen. Gabriel | |
| glänzt im Lichtkegel. | |
| ## "Hier, ein Bier" | |
| Jetzt: eine Art Kneipe, zwischen den Ständen. Die Kamera walzen sich hinter | |
| Gabriels Hacken durch den Raum. „Sigmar, hier gibt’s auch Pils“, ruft ein… | |
| mit grauem Haar, roter Kravatte und guter Laune. Ein anderer hat einen | |
| Hertha-Schal um und hält Gabriel ein Sparschwein unter die Nase. Da kommt | |
| der mit der roten Krawatte von hinten an Gabriel rangepirscht. „Hier, ein | |
| Bier“, sagt der und reicht dem Parteichef ein Null-Dreier mit Schaumkrone. | |
| „Nee, nee“, sagt Gabriel. | |
| Jetzt nach links weiter. Da ist eine Interessenvertretung aus Asse, | |
| Gabriels Wahlkreis, Thema hier: Kampf gegen Atommüll. „Mein Freund | |
| Sigmar!“, ruft einer mit grauen Locken und gelber Warnkleidung. Er hat ein | |
| kleines „A“ in der Hand. „Sigmar, darf ich Dir was anstecken?“ | |
| „Ja, aber bitte nicht in den Hals.“ | |
| Zack – hat Gabriel das „A“ am Revers. | |
| Noch ein Foto, diesmal hat Gabriel das „A“ in großer Version in der Hand. | |
| Knipsknipsknips. Weiter geht’s. Der Lockenkopf ruft noch hinterher: „Gibst | |
| Du morgen auf dem Parteiabend einen aus“. „Klar, zahlt die SPD“. Weg ist | |
| er. | |
| Jetzt kommt der Stand Nummer acht. Die Supermarktinitiative. Die Forderung: | |
| „Transparenz jetzt“. Es gebe auch einen Antrag, sagt die Frau an dem Stand | |
| und blättert in den hunderten Seiten des SPD-Antragsbuches herum. „Ja, ja, | |
| weiß ich, den Antrag kenne ich“. Zum Abschied bekommt Gabriel einen | |
| Einkaufschip mit Initiativen-Logo drauf. | |
| Etwas unerwartet wirft sich jetzt Gabriels Sprecher in den Weg des | |
| Parteichefs: „Sigmar, wir müssen jetzt langsam zum ZDF“. Gabriel geht ohne | |
| jede Reaktion zum nächsten Stand. | |
| Jetzt die Zeitarbeitsunternehmen, die sind auch da. Schon ein etwas | |
| kritischeres Thema, Gabriel bleibt nur kurz. Er sagt den Satz: „Vielen | |
| Dank, dass Sie hier sind“. Das sagt er zum sechsten Mal in den vergangenen | |
| 14 Minuten. | |
| Wieder der Hinweis mit dem ZDF, aber da ist auch schon die nächste Frau, | |
| sie steht vor der Kulturloge Berlin. Sie drückt Gabriel eine Quitscheente | |
| in Grün in die Hand. Gabriel sagt: „Gibt's die auch in rot?“ Natürlich | |
| nicht. | |
| ## "Kenne ich dich nicht irgendwoher?" | |
| Erleichterung bei Gabriels Sprecher: Sein Chef dreht sich um, geht wohl zum | |
| Interview mit dem ZDF. Aber auch auf dem Rückweg gibt es Stände, zum | |
| Beispiel den vom DLRG. Bei den Rettungsschwimmern steht schon die | |
| Parteikollegin Ute Vogt. Auch da bleibt Gabriel stehen, ihm fällt gleich | |
| etwas ein, und zwar: „Manchmal steht uns in der Politik das Wasser bis zum | |
| Hals.“ | |
| Jetzt wollen die auch noch ein Foto. Gabriel sagt: „Ich muss zum ZDF, aber | |
| mache ich gerne“. Knips. | |
| Weiter geht’s, jetzt noch schneller. Organspende-Verband auf der rechten | |
| Seite. Handschlag. Autoclub Europa. Handschlag. | |
| Dann noch ein Mann, er kämpft gegen die Schwarzarbeit im Taxi-Gewerbe. | |
| „Mensch, kenne ich dich nicht irgendwoher?“, sagt Gabriel. „Ja, aus | |
| Niedersachsen.“ „Genau, aus Niedersachsen!“ Weiter. | |
| Dann auf einmal ein Team vom Deutschlandradio: „Erwarten Sie auf diesem | |
| Parteitag Streit?“. Gabriel antwortet im Laufen. „Das ist die SPD, da gibt | |
| es auch mal Streit“. Das war's. | |
| 24 Minuten, 12 Stände. 2 Minuten pro Stand. Er biegt zum ZDF ab. In seiner | |
| Hand knetet er die grüne Ente, an seinem Revers steckt das „A“, in seiner | |
| Anzugtasche der Einkaufschip. | |
| 5 Dec 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Gordon Repinski | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Bundesparteitag der SPD: Die große Siggi-Show | |
| Mit Traumergebnissen hat die SPD ihren Vorsitzenden und den Vorstand | |
| wiedergewählt. Und Sigmar Gabriel zeigte, was er am besten kann: reden. | |
| Kommentar Sigmar Gabriel: Regieren um jeden Preis | |
| Ist diese Partei wirklich auf das eingestellt, was in Kriseneuropa auf sie | |
| zukommen kann? Nein. Auch wenn Gabriel das Gegenteil mit viel Verve | |
| vermitteln will. | |
| Gesundheitsdebatte der SPD: Kampf gegen die Zweiklassenmedizin | |
| Mit einer Bürgerversicherung will die SPD die Bevorzugung von | |
| Privatversicherten beenden und für mehr Gerechtigkeit sorgen. Doch | |
| gerechter ist nicht gleich billiger. | |
| SPD wählt ihre Spitzen: Gabriel als Chef bestätigt | |
| Sigmar Gabriel bleibt SPD-Chef und will seine Partei zurück in die | |
| Regierung bringen. Aydan Özoguz ist die erste Politikerin mit | |
| Migrationshintergrund, die in den Vorstand gelangt. | |
| Kommentar SPD: Die Europartei sind wir | |
| Das Thema Europa bleibt anfällig für Populismus. Trotz gegenteiliger | |
| Bekundungen. Und davor ist auch das Programm der SPD nicht sicher. | |
| Bundesparteitag der SPD: Helmut erzählt vom Krieg | |
| Die SPD feiert den Ansturm auf ihren Parteitag, ihren Altkanzler und sich | |
| selbst als europapolitische Partei. Und was Schmidt nach seiner Rede machen | |
| würde, ahnte man schon. |