# taz.de -- Kein Vetorecht für Griechenland: Freie Bahn gen Westen für Mazedo… | |
> Griechenland darf den Beitritt Mazedoniens zur Nato nicht blockieren, | |
> solange sich das Land dort Fyrom nennt, sagt der IGH. Der Namensstreit | |
> ist jedoch weiter ungelöst. | |
Bild: Das Urteil wird von den Mazedoniern mit Freudentaumel entgegen genommen. | |
FREIBURG taz | Die Republik Mazedonien kann bald der Nato beitreten. | |
Nachbar Griechenland darf dagegen kein Veto erheben, das sich auf den | |
ungelösten Namensstreit bezieht. Das entschied am Dienstag der | |
Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag. Mazedonien muss in der Nato | |
jedoch den komplizierten Hilfsnamen Fyrom benutzen. | |
Die Republik Mazedonien liegt nördlich von Griechenland und war früher eine | |
der jugoslawischen Teilrepubliken. Das Land würde gern der Nato und der EU | |
beitreten, was Griechenland jedoch blockiert. | |
Griechenland protestiert seit dem Zerfall Jugoslawiens gegen den | |
Staatsnamen der Republik Mazedonien. Aus ihm ließen sich Gebietsansprüche | |
auf die nordgriechische Region Makedonien mit der zentralen Stadt | |
Thessaloniki ableiten. Zudem seien die slawischen Bewohner Makedoniens gar | |
nicht mit den antiken Makedoniern unter Alexander dem Großen verwandt, | |
sondern maßten sich dieses historische Erbe nur an. Allenfalls dürfe der | |
Staat Nordmakedonien heißen oder müsse den Namen der Hauptstadt "Skopje" | |
als Zusatz tragen. | |
Mazedonische Politiker bestreiten Gebietsansprüche gegenüber dem Nachbarn, | |
missverständliche Passagen der Verfassung wurden Anfang der 90er Jahre | |
geändert. Sie beharren jedoch auf einer mazedonischen Identität, die sich | |
1903 durch den Aufstand der Inneren Mazedonischen Revolutionären | |
Organisation (Imro) gegen das Osmanische Reich gezeigt habe. Rund 120 | |
Staaten haben das Land seit 1991 unter dem Namen "Republik Mazedonien" | |
anerkannt. | |
Nachdem Griechenland 1994 ein Handelsembargo gegen Mazedonien verhängte, | |
kam es 1995 auf UN-Vermittlung zu einem Interimsabkommen. Danach änderte | |
Mazedonien seine Staatsflagge und ersetzte die sechszehnstrahlige | |
Vergina-Sonne, die Griechenland zu seinem kulturellen Erbe rechnet, durch | |
eine achtstrahlige Sonne. | |
## 15 zu 1 Stimmen für Mazdonien | |
Griechenland versicherte im Abkommen, es werde den Beitritt Mazedoniens zu | |
internationalen Organisationen nicht verhindern, wenn sich das Land dort | |
"Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien" nennt. Abgekürzt wird dieser | |
Hilfsname als Fyrom (Former Yugoslav Republic of Macedonia). In | |
Streitfällen soll laut Abkommen der Internationale Gerichtshof entscheiden. | |
Nachdem Griechenland 2008 die Aufnahme Mazedoniens in die Nato unter | |
Hinweis auf die ungeklärte Namensfrage ablehnte, klagte Mazedonien beim | |
IGH, dem Völkerrechtsgericht der UNO. Der IGH gab Mazedonien nun mit 15 zu | |
1 Stimmen Recht. Griechenland hätte den Nato-Beitritt nicht blockieren | |
dürfen, weil Mazedonien sich gemäß dem Abkommen als Fyrom bei der Nato | |
beworben hatte. | |
Das Argument Griechenlands, Mazedonien habe selbst das Abkommen verletzt, | |
als es 2004 zeitweise die Vergina-Sonne bei der mazedonischen Armee | |
verwendete, ließen die Richter nicht gelten. Griechenland habe sein Veto | |
gegen den Nato-Beitritt nicht mit dem Zwischenfall von 2004 begründet. | |
Damit ist der Namensstreit im Kern nach wie vor ungelöst, die | |
Westintegration Mazedoniens kann aber weitergehen - jedenfalls wenn | |
Mazedonien sich dabei Fyrom nennt. So ist Mazedonien seit 2005 offizieller | |
Beitrittskandidat zur EU. Die Aufnahme von Verhandlungen wurde von | |
Griechenland blockiert. | |
Der Stillstand führte auch zu Unruhe innerhalb Mazedoniens, wo die | |
albanische Minderheit sich durch den Namensstreit um ihre Chance auf den | |
schnellen EU-Beitritt gebracht sieht. Sollte das Kosovo oder gar Albanien | |
vor Mazedonien der EU beitreten, führte das zu einer Zerreißprobe in | |
Mazedonien. | |
5 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Reiseland Griechenland | |
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