# taz.de -- Gewerkschafterin Burrow über Eurokrise: "Politiker sind selbst sch… | |
> Die Opfer der Krise sind die Arbeitnehmer, sagt Sharan Burrow, | |
> Generalsekretärin beim Internationalen Gewerkschaftsbund. Sie verlieren | |
> ihre Arbeitsplätze und Pensionsansprüche. | |
Bild: Es geht nicht nur um die Arbeitsplätze. | |
taz: Frau Burrow, warum finden die europäischen Politiker keinen Ausweg aus | |
der Krise? | |
Sharan Burrow: Die europäischen Politiker haben ihre wirtschaftspolitische | |
Autorität verloren. Sie schauen nur noch ängstlich auf die Börsenkurse und | |
lassen sich von den Finanzmärkten ihre Entscheidung diktieren. | |
Sind die Politiker Opfer der Spekulanten? | |
Sie sind selbst schuld. In der ersten Phase der Finanzkrise waren die | |
Arbeitnehmer Kollateralschäden. Sie haben ihre Arbeitsplätze und | |
Pensionsansprüche verloren. Nun sind sie direkte Opfer, weil ihre | |
Regierungen den Lobbyisten folgen, die Lohnkürzungen und flexible | |
Arbeitsmärkte fordern. | |
Was machen die Politiker falsch? | |
Die Politiker konzentrieren sich nur darauf, wie sie ihre Staatsschulden | |
senken können. Wir brauchen eine fiskale Konsolidierung, gepaart mit einer | |
Strategie, die Arbeitsplätze und Löhne schützt. | |
Wie erleben Ihre Kollegen aus den übrigen Teilen der Welt die Eurokrise? | |
Die Arbeitslosigkeit steigt ja nicht nur hier, sondern auch in den USA, in | |
Afrika und in Asien. Auch sie leiden unter dem Rückgang der Investitionen. | |
Sehen Sie positive Ansätze? | |
Die Länder, die bisher ganz gut durch die Krise kommen, haben regulierte | |
Arbeitsmärkte wie beispielsweise Norwegen. Dort gibt es weder staatlichen | |
Leistungen noch werden die Löhne gekürzt. Auch Deutschland hat eine starke | |
Investitionspolitik. Die Entscheidung, aus der Atomenergie auszusteigen, | |
ist das größte Investitionsprogramm in Europa für die nächsten Jahre. | |
Wie versuchen Sie die Politiker zu überzeugen? | |
Wir haben einen strukturellen Dialog mit der Europäischen Union und anderen | |
Institutionen wie dem Internationalen Währungsfonds. Beim G-20-Gipfel in | |
Cannes haben wir 14 Staats- und Regierungschefs sowie Vertreter der | |
Weltbank getroffen. Und alle sehen ein, wie wichtig die Schaffung von | |
Arbeitsplätzen ist. | |
Aber? | |
Die Bedingungen, die IWF, EZB und die Europäischen Kommission für die | |
Schuldenstaaten stellt, macht die Schaffung von Arbeitsplätzen unmöglich. | |
Für Arbeitsplätze hat die EU aber kein Geld. | |
Das ist Blödsinn. Die großen multinationalen Firmen verfügen über | |
Milliarden von Euro. Schauen wir nach Durban: Wenn man in nur zwölf Ländern | |
der Welt den Mut hätte, fünf Jahre lang jeweils 2 Prozent des | |
Bruttoinlandsprodukts in erneuerbare Energien zu investieren, könnten 55 | |
Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden. Das müssten die Regierungen | |
nicht mal bezahlen. | |
6 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Ruth Reichstein | |
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