# taz.de -- Biosupermarktchef über Löhne: "Leicht unter Tarif" | |
> "Denn's" zahlt teilsweise schlechter als die Konkurrenz. Thomas Greim, | |
> Chef von Deuschlands größter Biosupermarktkette, über Stundenlöhne und | |
> Qualifikationen. | |
Bild: Biolebensmittel: gesund, teuer und teils von Mitarbeitern verkauft, die u… | |
taz: Herr Greim, Ihre Ökosupermarktkette Denn's ist mit 72 Filialen | |
mittlerweile die größte Deutschlands. Zahlen Sie Ihren Mitarbeitern den | |
Tarif, der von Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelt wird? | |
Thomas Greim: Wir orientieren uns an den Tarifverträgen. Der Stundenlohn | |
variiert regional. Es gibt ja auch unterschiedliche Tarifverträge für die | |
verschiedenen Regionen. Im Durchschnitt liegen wir in etwa auf Tarifniveau. | |
Wir bieten allerdings noch betriebliche Fortbildungen und Personaleinkauf | |
an. | |
Heißt das, dass Sie unter Tarif bezahlen? | |
Die Stundenlöhne liegen zum Teil über und zum Teil auch leicht unter dem | |
Tarif. Außer vom Standort hängt das auch von der Qualifikation des | |
Mitarbeiters ab. Wer zum Beispiel besonders viel Erfahrung in der | |
Naturkostbranche mitbringt, erhält deutlich mehr als den Tariflohn. | |
Wie viel liegen Sie denn ungefähr darunter? | |
Das wird individuell verhandelt. Es sind aber keine enormen Schwankungen. | |
Selbst Discounter wie Lidl zahlen nach eigenen Angaben allen Mitarbeitern | |
sogar mehr als Tarif. Warum dann nicht ein Biounternehmen wie das Ihre? | |
Das sind richtige Verkaufsmaschinen, bei denen der Arbeitslohn der | |
Mitarbeiter prozentual eine geringere Bedeutung hat. Die Produktivität der | |
Discounter ist immens. Die sind natürlich in der Lage, einen Kassierer | |
hervorragend zu bezahlen, weil er schlichtweg dreimal so viel kassiert wie | |
ein Mitarbeiter bei uns. Und wir haben ja auch Kunden, die Fragebedürfnisse | |
haben oder menschliche Nähe suchen. Das kostet Zeit. Wir arbeiten auch viel | |
mit Mehrwegflaschen. Damit ist keine Wertschöpfung für uns verbunden. | |
Ist bei Bioprodukten die Gewinnmarge nicht höher als bei konventionellen? | |
Ja, bei einigen Produkten, doch wir haben etwa nur 30 Prozent des Umsatzes | |
pro Laden, also auch viel weniger Ertrag. Diese konventionellen | |
Verkaufsmaschinen scheiden auch enorm viele Menschen aus. Nach dem Motto: | |
Ein Lkw-Fahrer ist toll bis 40, dann soll er halt woanders hingehen. Wenn | |
ich nur diese ersten 20, 25 Berufsjahre habe, dann kann ich einen tollen | |
Lohn zahlen. Zu uns kommen sehr viele, die dieses Tempo und den Umgang in | |
so einer Verkaufsmaschine nicht mehr mitmachen wollen und können. | |
Das gilt auch für Ihren Konkurrenten Alnatura, und der zahlt nach eigenen | |
Angaben sehr wohl Tarif. | |
Über Konkurrenten kann ich mich nicht äußern. Fakt ist: Denn's hat keine | |
Eigenmarken, die ja besonders große Gewinnmargen haben. Die Eigenmarke | |
unseres Großhandels Dennree verkaufen wir nur im Biofachhandel und nicht | |
konventionell. Wir sind Bioüberzeugte, da geht es nicht nur um | |
Gewinnmaximierung. | |
Denn's macht doch Gewinn. Warum nicht damit den Leuten Tarifgehälter | |
zahlen? | |
Denn's wird dieses Jahr vielleicht 110 Million Euro Umsatz und eine Million | |
Euro Gewinn machen. Wenn noch weniger in unseren Bilanzen stehen würde, | |
bekämen wir keine Mietobjekte mehr. Keine Bank würde uns Geld geben. Und | |
eine Firma muss einfach einen Puffer haben für Rückschläge. | |
Denn's gehört zur Firmengruppe Dennree, die vor allem mit ihrem Großhandel | |
viel mehr Gewinn macht. | |
Ja, Dennree wird dieses Jahr wohl 16 Millionen Euro verdienen. Denn's ist | |
aber völlig eigenständig, eine Quersubventionierung findet nicht statt. | |
Vielmehr behandeln wir Denn's wie jeden anderen Kunden im Großhandel. Auch | |
dort subventioniert Dennree keine Gehälter. Das ist fair. | |
Man hört auch aus Ihrem Unternehmen, dass Überstunden nicht bezahlt würden | |
und zu kurze Ruhephasen zwischen den Schichten an der Tagesordnung seien. | |
Was sagen Sie dazu? | |
Das stimmt nicht, natürlich halten wir uns an gesetzliche Vorgaben. | |
7 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
## TAGS | |
Bio-Lebensmittel | |
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