| # taz.de -- Bundeswehr am Hindukusch: Krieg führen für schlaue Mädchen | |
| > Nach 10 Jahren soll der Bundestag die Truppen in Afghanistan reduzieren. | |
| > De Maizière kündigt an, dass der Isaf-Rückzug deutsche Kräfte "binden" | |
| > werde. | |
| Bild: Müssen sich noch ein wenig miteinander arrangieren: deutsche Soldaten un… | |
| BERLIN taz | Im zehnten Jahr des umstrittenen Einsatzes bekommt die | |
| parlamentarische Debatte über Afghanistan einen süßlich-trüben Ton. Am Ende | |
| einer ausgesprochen allgemeinen Regierungserklärung zur anstehenden | |
| Mandatsverlängerung kündigte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) am | |
| Donnerstag plötzlich eine "persönliche Betrachtung" an. | |
| Er habe in Kabul spielende Kinder gesehen. "In den Augen der Kinder habe | |
| ich Hoffnung gesehen", sagte Westerwelle. Natürlich gelte der Einsatz der | |
| Bundesrepublik im Rahmen des Isaf-Bündnisses in Afghanistan der eigenen | |
| Sicherheit - "wir tun das für uns. Wir tun es aber auch für diese Kinder". | |
| Dies nutzte Hans-Christian Ströbele, das grüne Ein-Mann-Unternehmen gegen | |
| den Afghanistankrieg, für einen seiner ungezählten persönlichen Einwürfe. | |
| Er berichtete, er habe in Afghanistan von Kindern gemalte Bilder gesehen. | |
| Sie seien voller zerstörter Häuser und zerfetzter Gliedmaßen gewesen. | |
| Sollte bedeuten: Die Kinder sind traumatisiert, nicht hoffnungsvoll. | |
| ## Mädchen werden Dank der Isaf-Truppen klug | |
| Darauf ließ Rainer Arnold von der SPD es sich nicht nehmen, vom 13-jährigen | |
| afghanischen Mädchen zu erzählen, das Staatsanwältin werden wolle, denn | |
| Staatsanwälte brauche ihr Land. So klug und idealistisch sind die Mädchen | |
| dort nur dank der internationalen Isaf-Truppen, wollte Arnold damit sagen. | |
| Nun waren dies am Donnerstag nicht die ersten emotionalen Anekdoten, die im | |
| Bundestag beim Thema Afghanistan aufgefahren wurden. Doch selten war | |
| auffälliger, dass Kinderträume herhalten mussten, wo Fakten und Argumente | |
| fehlten. Dabei war dies immerhin die erste Debatte seit 2001, die von einer | |
| Reduzierung des Bundeswehrkontingents handelte. | |
| Im Januar will der Bundestag beschließen, dass es mit der Zahl der | |
| deutschen Soldaten in Afghanistan erstmals abwärts gehen soll: von aktuell | |
| rund 5.000 auf 4.900, bis Januar 2013 auf 4.400 - wenn die Sicherheitslage | |
| das zulässt. Nach gegenwärtigem Stand wird die SPD dem Mandat der Koalition | |
| zustimmen, die Grünenfraktion sich vermutlich großenteils enthalten, die | |
| Linke routinegemäß mit Nein stimmen. | |
| ## Taliban können nicht an den Verhandlungstisch gebombt werden | |
| Bis 2014, so der Kern aller jüngeren internationalen Erklärungen, soll der | |
| Einsatz der aktuell insgesamt 150.000 Isaf-Soldaten - zum allergrößten Teil | |
| US-Truppen - beendet werden, für danach sind aber noch Ausbildungstruppen | |
| vorgesehen. | |
| Doch außer der auf wackligen Statistiken beruhenden Behauptung, die | |
| Sicherheitslage werde besser, hat die Bundesregierung wenig anzuführen, was | |
| einen Rückzug nun begründet. Der Grüne Frithjof Schmidt wies im Bundestag | |
| auf den entscheidenden Widerspruch in der westlichen Abzugsstrategie hin. | |
| Einerseits werde eine "politische Lösung" angestrebt, also würden die | |
| Taliban in Friedensgespräche einbezogen. Dann aber dürfe man Taliban nicht | |
| militärisch bekämpfen. "Die Taliban an den Verhandlungstisch zu bomben, das | |
| klappt schon seit 18 Monaten nicht", sagte Schmidt. | |
| ## "Voraussetzungen für den Abzug sind auch durch Kampf herbeiführbar" | |
| Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) gab sich immerhin die Mühe, | |
| auf Schmidt zu antworten: In der Tat würden die Voraussetzungen eines | |
| Abzugs "auch durch Kampf" herbeigeführt. Im Norden Afghanistans, dem | |
| Zuständigkeitsbereich der Bundeswehr, hätten erst 30.000 zusätzliche | |
| US-Soldaten und wenige hundert deutsche Soldaten "unter hohem Blutzoll | |
| Gebiete freigekämpft". | |
| De Maizière verteidigte auch die sowohl geringen als auch diffusen Vorgaben | |
| für den so großartig verkündeten Truppenabbau. Es könne keine klaren | |
| Zielvorgaben geben, "denn wir sind von den US-Plänen abhängig". Die | |
| Bundeswehr wird sich also nur gemäß US-Vorgaben zurückziehen. Sollten bis | |
| 2014 nun regelmäßig Zehntausende Soldaten etwa "über den Norden", also über | |
| das deutsche Zuständigkeitsgebiet abgezogen werden, so werde dies jedoch | |
| deutsche "Kräfte binden", kündigte der Minister an. | |
| 15 Dec 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrike Winkelmann | |
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