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# taz.de -- DFB-Pokal: Fantastereien der Fortuna
> Seit Wochen fiebern Fans von Fortuna Düsseldorf der Partie gegen den BVB
> entgegen. Nach dem Aufstieg bis an die Spitze zur Zweiten Liga scheint
> alles möglich.
Bild: Der Kämpfer mit Köpfchen: Fortuna-Kapitän Andreas Lambertz.
DÜSSELDORF taz | Seit Monaten spielt Zweitligist Fortuna alles in Grund und
Boden. 27 Pflichtspiele saisonübergreifend unbesiegt, zuletzt 22
Ligaheimspiele ungeschlagen, dabei unglaubliche 21 Siege geschafft. 41
Punkte sammelte das Team in der Hinrunde, Zweitligarekord. Kurs Bundesliga,
zurück nach ewigen 15 Jahren. Und dennoch herrscht beim Serientäter vor dem
Pokal-Achtelfinale gegen Meister Dortmund am Dienstag (20.30 Uhr, ZDF)
partiell schlechte Stimmung.
Da war nämlich der Freitagabend. Man musste das Geschehen den jüngeren Fans
erklären: Verlieren ist, wenn der Gegner mehr Tore schießt. 2:3 daheim
gegen den SC Paderborn, gegen das wahrscheinlich noch größere
Überraschungsteam der Zweiten Liga. Alle Serien, siehe oben, waren
gerissen. Und die Arena war nicht mal halb voll. Sicher, 25.000 sind auch
eine Menge, und dennoch fasst die Fortuna-Führung jeden freien Platz als
Beleidigung auf.
Seit Wochen, moserte die Clubführung, hätten alle nur das Pokalmatch im
Sinn gehabt. Das war quasi mit Freischaltung der Hotlines ausverkauft. Und
schon begann der nächste Ärger. Auf dem Schwarzmarkt wurden
14-Euro-Stehplätze für fast 100 Euro gehandelt. Angeblich hatten sogar
Vereinsmitglieder mitgedealt. Das gilt als Foul an sich selbst. Empört
kündigte der Verein einen Gang vor den Ehrenrat an, zum
Ausschlussverfahren. "Wir können die Namen nachverfolgen", hieß es.
Der Rest ist pure Begeisterung über eine grandiose Entwicklung. Im Frühjahr
2002 war Fortuna in die viertklassige Oberliga abgestiegen, Wochen später
war das alte Rheinstadion gesprengt. Die Stadt plante eine monströs-moderne
Arena. Nur, niemand wusste für wen, spätestens als das Schmuckstück nicht
mal die Weihen als WM-Spielstätte 2006 bekam. Im Laufe der Zeit wurde das
Stadion zur Goldgrube. "Fortuna ist schuldenfrei" meldete der Klub vor
Wochenfrist, erstmals seit 1998. "Aus der ewigen Skandalnudel Fortuna",
freute sich die Rheinische Post, "ist ein gesundes Boom-Unternehmen
geworden."
## Kurioser Kader
Fortunas Kader ist partiell kurios. Da ist zum Beispiel Sascha Rösler. Der
war vor anderthalb Jahren vereinslos, weil er mit 33 als zu verbraucht galt
für einen Stürmer. Fortuna lud ihn zum Probetraining. Rösler scherzt heute,
wahrscheinlich habe man nur sehen wollen, wie verfettet er sei. Seitdem
schießt er Tor um Tor, in diesem Halbjahr schon elf. Und fast immer sind es
spektakuläre Treffer.
Sein grandioser Fallrückzieher im Juli, den auch Klaus Fischer bestaunt
hätte, wurde Tor des Monats. Rösler, privat ein ganz lieber Typ, ist auf
dem Felde ein Aggressive Leader, ein Giftversprüher und Aufstachler, von
gegnerischen Fans deutschlandweit gehasst. Selbst findet er es "okay, eine
Reizfigur zu sein". Der Ex-Fastüberaller hat schon viele Teams erlebt.
Aber: "Der Charakter dieser Truppe", sagt er, "ist überragend."
Der Dribbler Maximilian Beister ist ein Flinkfuß der Marke Götze oder Reus.
In der Zweiten Liga ist er kaum zu halten. Auch im Wortsinn: Er ist nur
ausgeliehen vom HSV. Und angeblich ist auch der heutige Gegner Dortmund
sehr an ihm interessiert. Das größte Phänomen ist der Serbe Ranisav
Jovanovic: In der Dritten Liga war er Torgarant und Aufstiegshelfer, dann
wurde er zum erfolglosesten Stürmer im deutschen Profifußball: null Tore in
über zwei Jahren Zweitklassigkeit und vielen Dutzend Spielen. Kurios:
Fortuna zählt auf ihn, in einer Art Nibelungentreue. Im November traf er
erstmals wieder, gegen Paderborn schon wieder.
Und da ist der Kapitän: Andreas Lambertz, 27, genannt "Lumpi". Er gilt als
"Seele des Erfolgs", die Kultfigur. Ein kleiner limitierter Kämpfer mit
langen, baumelnden Armen und riesigen Füßen. Trainer Norbert Meier sagt
gern: "In seinen 46er Pumps hat er sich wieder die Lunge aus dem Hals
gerannt." Lambertz, Symbol für Kontinuität, war schon in der Vierten Liga
dabei und hat gerade den Vertrag verlängert: "Ich bin neun Jahre bei
Fortuna. Wo soll ich sonst hin?"
## 6 Versuche, 6 Tore
Der Kern der Mannschaft spielt seit Jahren miteinander. Selten war mal
jemand länger verletzt. Die Defensive steht gut und hat mit Jens Langeneke
einen Mann, der einen Elfmeter nach dem anderen locker versenkt: 6 Versuche
diese Saison, 6 Tore. Im Frühherbst 2010 hat der Klub an Trainer Meier
festgehalten, nach einem Saisonstart von sechs Niederlagen in Folge.
Plötzlich lief es.
Und seitdem nur noch. Nach dem vergeigten Paderborn-Spiel sagte Meier:
"Jetzt wird wenigstens keiner mehr glauben, dass wir gegen Dortmund Favorit
sind."
Das hatten viele wirklich gedacht. In der Stadt herrsche "Euphorie bis zum
Anschlag", wie der Boulevard neulich auspegelte. Sie glauben sogar, dass
Schalkes Raúl im Aufstiegsfalle Fortune würde. Die Argumente der Träumer:
Der spanische Weltstar wohnt in der Landeshauptstadt, Sohn Hugo spielt bei
Fortunas D-Jugend, der Papa geht, wann immer möglich, zu Fortuna-Spielen.
Ein Freund zum Express: "Raúl ist ganz verrückt nach Fortuna", da könne er
ja "mit dem Fahrrad zum Training fahren." Nur ausgerechnet an diesem
Wochenende hat der verehrte Raúl einen Auftritt hingelegt, der einer
Liebeserklärung für Schalke 04 glich. Aber vielleicht melden sich bei der
Fortuna ja ersatzweise Messi, Rooney oder Ronaldo.
20 Dec 2011
## AUTOREN
Bernd Müllender
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