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# taz.de -- Kim Jong Un: Abbild seines Vaters
> Er hat noch nie öffentlich gesprochen, ihm fehlen Reife und Netzwerk. Kim
> Jong Un übernimmt Nordkorea. Entspannung ist auch von ihm nicht zu
> erwarten.
Bild: Wie der Vater, so der Sohn: Kim Jong Un (l.) und Il.
Auch der neue Machthaber Nordkoreas stammt aus den Reihen der Kim-Familie.
Die Staatsmedien haben Kim Jong Un, den jüngsten Sohn des verstorbenen
Diktators, zum Erben ausgerufen. "Wir haben den großartigen Nachfolger für
unsere Revolution und den vortrefflichen Führer unserer Partei und unseres
Volkes, nämlich den Genossen Kim Jong Un", hieß es in den
Mittagsnachrichten des Staatsfernsehens.
Alle Parteimitglieder, Soldaten und die Öffentlichkeit sollten ihm folgen
und ihn treulich verehren. Auch dass Kim Jong Un das Komitee für die
Beisetzung seines Vaters leiten wird, werten die Beobachter als Indiz
dafür, dass er den leeren Thron besteigen soll.
Ein echter Machtkampf um die Staatsspitze ist daher zum jetzigen Zeitpunkt
wenig wahrscheinlich. "Die wichtigsten Mitglieder der Führung haben sich
hinter Kim Jong Un gestellt", meint der Nordkoreaexperte Paik Hak Soon in
Seoul. Offenbar wurde die Nachfolge in den zwei Tagen zwischen Kims Tod und
dessen Bekanntgabe bereits hinter den Kulissen abgesichert.
Allerdings sind die Voraussetzungen für einen glatten Machtwechsel in
Pjöngjang wesentlich schlechter als beim Tod von Staatsgründer Kim Il Sung
vor siebzehn Jahren. Dessen Sohn Kim Jong Il war da schon seit 14 Jahren
als Nachfolger installiert. Der damals 52-Jährige hatte den Geheimdienst
geleitet und sich die Loyalität des Offizierskorps durch Beförderungen und
Geschenke erkauft. Selbst eine Hungersnot, bei der mindestens eine Million
Menschen starben, erschütterte die Position des Kim-Sohns nicht.
## Vater Kim hat vorgesorgt
Ganz anders als damals Kim Jong Il wurde Kim Jong Un erst 2009 auf den
Schild gehoben, als sein Vater einen Schlaganfall erlitten hatte. Zudem ist
er erst 28 oder 29 Jahre alt, sodass ihm die Erfahrung, die Reife und das
Netzwerk fehlen, um sich in Armee, Partei und Bevölkerung Rückhalt
verschafft zu haben. "Es könnte gut sein, dass es wie in China nach dem Tod
Maos zu Nachfolgekämpfen kommt", meint Bernhard Seliger, Büroleiter der
Hanns-Seidel-Stiftung in Seoul.
Doch Vater Kim hat vorgesorgt: Enge Verwandte sollen die Nachfolge
absichern. Der Onkel des Kronprinzen, der 65-jährige Jang Song Thaek, ist
Vizechef der Nationalen Verteidigungskommission und in dieser Position nach
dem Tod von Kim Jong Il der eigentliche Staatschef. Kim Jong Un gehört
diesem Gremium bereits an. Auch seine Tante Kim Kyong Hui wurde zur
Viersternegeneralin ernannt.
Zum Nachfolger auserkoren hatte der verstorbene Machthaber seinen jüngsten
Sohn aber schon früher, denn die älteren Söhne waren in Ungnade gefallen:
Kim Jong Nam wurde bei der Einreise nach Japan mit einem gefälschten Pass
ertappt, während Kim Jong Chol seinem Vater zu weichlich gewesen sein soll.
Der ehemalige Sushikoch der Kim-Familie, der Japaner Kenji Fujimoto,
beschrieb den jüngsten Sohn als "Abbild seines Vaters, vom Gesicht über die
Statur bis zu seiner Persönlichkeit".
Außerdem ähnelt er im Gesicht seinem Großvater Kim Il Sung, der in
Nordkorea bis heute wie ein Gott verehrt wird. Diese Ähnlichkeit könnte
hilfreich für ihn sein, um schneller akzeptiert zu werden. Südkoreanischen
Medien zufolge wurde die Ähnlichkeit durch kosmetische Operationen
verstärkt.
## Noch nie öffentlich gesprochen
Über Kim Jong Un weiß man ansonsten sehr wenig. Die wenigen Fotos und
Fernsehbilder zeigen ihn als dicklichen Endzwanziger. Er hat noch nie
öffentlich gesprochen, nicht einmal sein Geburtsjahr wurde veröffentlicht.
Seine Mutter Ko Yong Hi, eine in Japan geborene koreanische Tänzerin, war
die dritte Frau von Kim Jong Il. Sie erlag 2004 einem Krebsleiden.
Wie sein Bruder Jong Chol hat Kim Jong Un die Internationale Schule in
Gümlingen in der Schweiz besucht, während er in der zehn Kilometer
entfernten nordkoreanischen Botschaft in Bern wohnte. Mitschüler erinnern
sich an einen schüchternen Jungen, der sich für Basketball und den
Actionstar Jean-Claude Van Damme begeisterte.
Zwischen 2002 und 2007 besuchte er die Militärakademie in Pjöngjang. Danach
arbeitete er in jener Abteilung der Kommunistischen Partei, die die
Kaderakten führt. Auch beim Geheimdienst soll er gewesen sein.
Seit über zwei Jahren rührt der Machtapparat die Propagandatrommel für Kim
Jong Un. Sein Geburtstag wurde zum Feiertag erklärt und er selbst zum
Viersternegeneral befördert. Den Respekt des Militärs soll er sich mit dem
Torpedoangriff auf die südkoreanische Korvette "Cheonan" im März 2010
verdient haben. Auch bei den Artillerieangriffen auf die Insel Yeonpyeong
letztes Jahr könnte er Befehlshaber gewesen sein. Eine Politik der
Entspannung sollte man von ihm zunächst nicht erwarten.
20 Dec 2011
## AUTOREN
Martin Fritz
Martin Fritz
## TAGS
Nordkorea
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