# taz.de -- Nordkorea nach Kim Jong Ils Tod: Machtwechsel in Zeiten der Aufrüs… | |
> Chinas Führung signalisiert auch mit der Anteilnahme am Tod des Diktators | |
> Kim Jong Il ihre Unterstützung für den neuen Machthaber Kim Jong Un. Doch | |
> Peking ist auch besorgt. | |
Bild: Nordkoreas verstorbener Machthaber Kim Jong Il aufgebahrt in Pjöngjang. | |
PEKING taz | Der Besuch war so ungewöhnlich wie symbolisch: Chinas Staats- | |
und Parteichef Hu Jintao erschien gestern persönlich in Nordkoreas | |
Botschaft am Pekinger Park des Sonnentempels. Dort übermittelte er sein | |
Beileid für den Tod des am Samstag verstorbenen Machthabers Kim Jong Il. | |
Am Abend zuvor hatte Chinas Staatsfernsehen eine Erklärung verlesen, in der | |
die Parteispitze und Armeeführung den etwa 29-jährigen Kim Jong Un als | |
Nachfolger seines Vaters guthieß: "Wir glauben, das sich das | |
nordkoreanische Volk gemäß dem Wunsch des Genossen Kim Jong Il eng um die | |
Arbeiterpartei zusammenschließen und unter der Führung des Genossen Kim | |
Jong Un ihren Kummer in Stärke verwandeln wird." | |
Besonders warmherzig betrauerte die englischsprachige China Daily den Tod | |
des nordkoreanischen Machthabers unter dem Titel "Abschied eines Freundes". | |
Derweil legte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums nahe, der | |
neue Machthaber könnte schon bald nach China reisen: "Wir würden Nordkoreas | |
Führer in China willkommen heißen, wenn es ihnen beliebt." | |
Die Reaktion der Pekinger Politiker konnte aber nicht verbergen, dass sie | |
sich große Sorgen über die Lage beim Nachbarn machen. Wird die Armee | |
wirklich den Junior stützen, so wie Nordkoreas Generäle derzeit noch | |
beteuern? Wird in der Führung ein Streit über notwendige wirtschaftliche | |
Reformen ausbrechen? Auch die engsten Verbündeten wissen wenig über die | |
Interna in Pjöngjang. | |
## Schluchzende Menschen sagen nichts über Kim | |
Die Szenen schluchzender Menschen sagen nichts darüber aus, wie populär Kim | |
Jong Il wirklich war. In Gesprächen mit Nordkoreanern in den letzten Jahren | |
wurde deutlich, dass er zwar gefürchtet, aber weniger beliebt war als sein | |
Vater Kim Il Sung, der die Herrscherdynastie nach dem Zweiten Weltkrieg | |
begründet hatte. | |
Das alles ist Chinesen, die sich an die Zeiten des Maokults erinnern | |
können, wohlvertraut. Als Mao Zedong 1976 starb, dauerte es nur vier Wochen | |
bis zum parteiinternen Putsch, der den Weg zu Reformen bahnte. | |
In China verlief der Machtwechsel unblutig. Ob das auch in Nordkorea | |
möglich ist, bleibt unklar. "Wir sind sehr beunruhigt", sagte ein | |
chinesischer Diplomat. Südkorea versetzte bereits am Montag sein Militär in | |
Alarmbereitschaft. | |
Auch ohne Unruhen in Nordkorea ist die Lage in Nordostasien gespannt: Alle | |
Staaten am Westpazifik rüsten derzeit auf. Chinas wachsende wirtschaftliche | |
Stärke mündet im Bau von immer mehr Flugzeugträgern, U-Booten und Raketen. | |
Ein instabiles Nordkorea würde dazu führen, dass sich die USA noch stärker | |
in der Region engagieren. Sie träfen auf die neue selbstbewusste | |
Militärmacht China. | |
US-Präsident Barack Obama versicherte Japans Regierungschef Yoshihiko Noda | |
jetzt in einem Telefonat Unterstützung. Obama habe die Entschlossenheit der | |
USA betont, "unsere engen Verbündeten, einschließlich Japan, zu | |
verteidigen", erklärte das Weiße Haus. Die USA haben in Südkorea und im | |
japanischen Okinawa große Militärstützpunkte. | |
20 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Jutta Lietsch | |
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