# taz.de -- Kommentar Wulffs Entschuldigung: Neustart mit Tücken | |
> Der Bundespräsident ist mit seiner Entschuldigung sehr weit gegangen. | |
> Viele werden ihn trotzdem nicht mehr ernst nehmen können. Doch er hat | |
> eine Chance verdient. | |
Der Bundespräsident hat sich entschuldigt. "Das tut mir leid" ist ein | |
seltener Satz in der Politik. Meist flüchten sich von Affären bedrohte | |
Spitzenpolitiker in Floskeln und lavieren so um ein wirkliches | |
Eingeständnis ihrer Verfehlungen herum. Wulff ist sehr weit gegangen, dass | |
muss man ihm zugutehalten. Die Frage ist, ob dieses späte Eingeständnis | |
reicht, um das Vertrauen der BürgerInnen wiederzugewinnen. | |
Klar ist: Wulff hat seine moralische Integrität - das wichtigste Kapital | |
eines Präsidenten - schwer beschädigt, ebenso das Ansehen seines Amtes. | |
Daran ändert auch die plötzliche Einkehr nichts mehr. | |
Er bleibt ein Bundespräsident, den viele nicht mehr ernst nehmen werden, | |
wenn er über Schulden, Finanzkrise oder Moral in der Politik redet. | |
Klar ist auch: Ausgestanden hat Wulff seine Affäre mit dieser Erklärung | |
noch nicht. Denn der Präsident hat eine rote Linie gezogen - für seine | |
eigene politische Zukunft. Er betont, private Freundschaften hätten seine | |
Amtsführung nicht beeinflusst. An dieser Aussage wird er in den nächsten | |
Monaten gemessen werden, wenn Medien und der Niedersächsische Landtag die | |
Affäre weiter aufklären. | |
Viele Fragen sind noch offen: Wulff zog wiederholt keine klare Grenze | |
zwischen Privatem und Politik. Er ließ sich als Ministerpräsident von | |
befreundeten Unternehmern zu Gratisurlauben einladen, er finanzierte sein | |
Haus mit dubiosen Krediten. | |
Wenn herauskäme, dass er auch nur einem einzigen Freund im Gegenzug | |
Vorteile gewährte, wäre die rote Linie überschritten. Dann müsste Wulff | |
gehen. | |
Bis dahin gilt auch für einen Bundespräsidenten: Wer für Verfehlungen um | |
Verzeihung bittet, hat noch eine Chance verdient. Auch andere Präsidenten | |
haben sich nach Skandalen ihr Ansehen wieder erarbeitet, ein Beispiel ist | |
Johannes Rau. | |
Wulffs Verführbarkeit, seine Anfälligkeit für Glamour, den er sich | |
eigentlich nicht leisten kann, machen ihn menschlich. Man kann auch sagen: | |
Er ist einer von uns. | |
22 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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