Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ein zerknirschter Bundespräsident: Wulff bleibt Wulff
> Der Bundespräsident entschuldigt sich für seinen Umgang mit seinem
> Privatkredit, will aber nicht zurücktreten. Er versichert niemandem einen
> Vorteil verschafft zu haben.
Bild: Bundespräsident Christian Wulff geht wieder nach seiner öffentlichen En…
BERLIN taz | "Ich weiß von meiner Verantwortung", erklärte ein sichtlich
zerknirschter Bundespräsident Christian Wulff auf der Pressekonferenz am
Donnerstagnachmittag im großen Saal seines Amtssitzes. "Ich werde das Amt
auch in Zukunft gewissenhaft und mit ganzer Kraft ausfüllen." Dann bat er
die Bürgerinnen und Bürger, ihm auch zukünftig zu vertrauen.
Damit war klar, dass Wulff nicht daran denkt, zurückzutreten.
Seine Entschuldigung war sein erster öffentlicher Auftritt überhaupt in
dieser Angelegenheit. In den vergangenen zehn Tagen, seit die ersten
Vorwürfe gegen ihn publik wurden, hatte es von ihm dazu lediglich ein
dürres schriftliches Statement gegeben.
Die übrige Arbeit hatte der Bundespräsident einer Anwaltskanzlei und seinem
Pressesprecher Olaf Glaeseker überlassen. Kurz bevor Wulff vor die Presse
trat, war dieser aber - ohne Angaben von Gründen - kurzfristig von seinen
Aufgaben entbunden worden.
Eine persönliche Stellungnahme Wulffs hatten Medien und Opposition schon
seit Tagen verlangt. Entsprechend groß war der Medienandrang bei Wulffs
kurzfristig anberaumtem Termin im Schloss Bellevue, größer noch als beim
plötzlichen Rücktritt seines Amtsvorgängers Horst Köhler.
Mit deutlichen Worten entschuldigte sich Wulff dort für die "Irritationen",
die er durch seinen Privatkredit ausgelöst hatte. "Das war nicht gradlinig
und das tut mir leid", gab Wulff zu verstehen. Er sehe ein: "Nicht alles,
was juristisch rechtens ist, ist auch richtig." Und weiter: "Dies hätte ich
vermeiden können und müssen."
Über seine Nähe zu reichen Unternehmern sagte Wulff, persönliche
Freundschaften seien ihm sehr wichtig. Er versichere aber, dass er
niemandem dafür einen Vorteil gewährt habe.
## Berechtigte Fragen
Auch auf seinen Umgang mit den Medien ging er ein: "Alle Auskünfte sind
erteilt worden", sagte er. "Über 250 Einzelfragen jeder Art" seien
beantwortet, Kreditverträge seien dafür offengelegt und das Bankgeheimnis
sei gelüftet worden.
Die Presse- und Informationsfreiheit sei ein hohes Gut, wurde Wulff
außerdem grundsätzlich, und die Fragen an ihn seien berechtigt. Es gehe
schließlich um das Vertrauen in seine Amtsführung. Nur zwischen den Zeilen
machte er damit deutlich, wie sehr ihm der mediale Druck der letzten Tage
zugesetzt hat.
Es ist der versuchte Befreiungsschlag nach mittlerweile zehn Tagen einer
Affäre, in der Wulff keine gute Figur gemacht hat.
Nur stückweise kam heraus, was es mit dem Privatkredit für seinen Hausbau
auf sich hatte, den er 2008 vom befreundeten Unternehmerehepaar Geerkens
entgegengenommen hatte.
## Späte Flucht nach vorn
Zwei Jahre danach hatte Wulff vor dem Landtag in Niedersachsen behauptet,
er pflege keine geschäftlichen Beziehungen zu Egon Geerkens. Später
verteidigte er sich damit, der Kredit sei ihm von dessen Ehefrau Edith
gewährt worden.
Doch Egon Geerkens räumte jüngst ein, in die Verhandlungen eingebunden
gewesen zu sein.
Offen ist, warum Wulff gerade jetzt die Flucht nach vorn angetreten hat.
Ein möglicher Grund: Am Donnerstag machte der Spiegel Einzelheiten seines
Anschlusskredits öffentlich. Demnach hat Wulff - nach der Ablösung seines
Kredits beim Unternehmerpaar Geerkens - bei der BW-Bank ein Darlehen zu
auffallend günstigen Konditionen erhalten.
Die Bank hält dem allerdings entgegen, Wulff sei in die Kategorie "gehobene
Privatkunden" eingestuft worden, für die solche Konditionen nicht
ungewöhnlich seien. Das erklärte sie auf Anfrage der taz.
## Urlaub mit Freunden
Die Kritik an Wulff macht sich außerdem an Urlauben fest, die ihm reiche
Unternehmer sponserten. Denn zwischen 2003 und 2010, also in seiner Zeit
als niedersächsischer Ministerpräsident, hat Wulff insgesamt 89 Tage Urlaub
"mit Freunden unter gemeinsamem Dach" verbracht - und das überwiegend
gratis, wie Wulffs Anwalt Gernot Lehr im Gespräch mit der taz zugab.
Aufgrund dieser Geschichten waren in den letzten Tagen bei der
Staatsanwaltschaft Hannover neun Anzeigen gegen Wulff eingegangen, die ihm
Korruption vorwarfen.
Doch die Behörde will keine Ermittlungen gegen den Bundespräsidenten
aufnehmen, gab sie am Donnerstagmorgen bekannt. Es gebe keine Anhaltspunkte
für "das Erkaufen eines dienstlichen Wohlwollens".
22 Dec 2011
## AUTOREN
Daniel Bax
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar Wulff und seine Geisteshaltung: Unter Krähen
"Das steht uns doch zu." Dieser Satz fasst das Normensystem der Wulffs,
Guttenbergs und di Lorenzos zusammen. Es bemächtigt sich dieses Staates –
ganz allmählich.
Der Bundespräsident und die Kreditaffäre: Union baut eine Burg Bellevue
Die CDU-Spitzen erklären die Kreditaffäre von Christian Wulff für beendet.
Und der Präsident? Hält eine Weihnachtsansprache, in der er die Affäre
nicht erwähnt.
Die wahre Rede von Bundespräsident Wulff: "Schwamm drüber, okay?"
Christian Wulffs persönliche Erklärung war kaum zu verstehen. Jetzt hat er
es noch mal versucht, mit deutlicheren Worten. Eine aufgezeichnete Rede.
Nach Wulffs Erklärung: Union wünscht sich Weihnachtsfrieden
Nach der persönlichen Erklärung von Bundespräsident Wulff zur Kreditaffäre
möchten die Regierungsparteien am liebsten einen Schlussstrich ziehen. Da
macht die Opposition nicht mit.
Reaktionen auf Wulffs Auftritt: "Dem ist nichts hinzuzufügen"
Die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußert sich wortkarg, die FDP ist
erleichtert. Doch die Opposition fordert mehr: Sie erwartet weitere
Aufklärung.
Kommentar Wulffs Entschuldigung: Neustart mit Tücken
Der Bundespräsident ist mit seiner Entschuldigung sehr weit gegangen. Viele
werden ihn trotzdem nicht mehr ernst nehmen können. Doch er hat eine Chance
verdient.
Wulffs Ex-Sprecher Olaf Glaeseker: Die stumme Stimme des Präsidenten
Der Bundespräsident und sein Sprecher Olaf Glaeseker waren zwölf Jahre eng
miteinander verbunden. Wulff ließ ihm viele Freiheiten. Nun nicht mehr.
Erklärung des Bundespräsidenten: Wulff entschuldigt sich für Kreditaffäre
In einer eilig anberaumten Erklärung hat sich Bundespräsident Wulff für
seinen Umgang mit der Affäre um seinen Hauskredit entschuldigt. Er will
sein Amt weiter ausüben.
Kreditaffäre um Bundespräsident: Wulff entlässt seinen Sprecher
Nach der anhaltenden öffentlichen Debatte trennt sich Bundespräsident
Christian Wulff von seinem langjährigen Sprecher Olaf Glaeseker. Für den
Nachmittag ist eine Erklärung angekündigt.
Wulffs Freund Carsten Maschmeyer: Besser nicht die Wahrheit
Der umstrittene Finanzdienstleister Carsten Maschmeyer hat zahlreiche
Freunde in der Politik. Und den richtigen Riecher. Davon profitierte auch
sein Finanzvertrieb AWD.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.