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# taz.de -- Gesine Lötzsch über die Linkspartei: "Wir brauchen mehr fürs Her…
> Immer nur Wahl- und Flügelkampf, das nervt die Genossen. Gesine Lötzsch,
> Vorsitzende der Linkspartei, über Basisdemokratie, Lafontaine und inneren
> Antrieb.
Bild: Wer bei der Linken in Zukunft die großen Reden halten wird, ist noch unk…
taz: Frau Lötzsch, Sie kandidieren erneut als Vorsitzende der Linken. Wie
hoch schätzen Sie Ihre Chancen ein?
Gesine Lötzsch: Ich kandidiere, um wiedergewählt zu werden, das ist doch
klar.
Warum tun Sie sich das eigentlich an? Sie könnten auch sagen: Ich mach
wieder was anderes.
Mein Antrieb ist, zu verhindern, dass einige sagen, wir legen unser
Programm zu den Akten und drehen die nächste Runde um uns selbst. Das
möchte ich nicht mehr. Es geht in dem Programm um so wichtige Themen wie
die solidarischen Systeme, die wir schützen wollen, aber auch um die
Solidarökonomie. Wir müssen jetzt praktischer werden.
Was würden Sie in Ihrer zweiten Amtsperiode besser machen?
Jetzt geht es darum, die Bundestagswahl 2013 vorzubereiten. Aber das allein
kann es nicht sein. Mitglied einer Partei wird man ja nicht, um nur
Wahlkampf zu machen. Es geht um unsere politische Identität und die
Möglichkeit, etwas zu bewegen. Veränderungen kann man im Parlament
erreichen, aber viele Dinge entstehen außerhalb. Viele Mitglieder haben mir
gesagt: Wir wollen, dass die Partei uns etwas bietet. Um es mal pathetisch
zu sagen: etwas fürs Herz.
Was wäre das denn?
Projekte, bei denen man gemeinsam etwas anpackt. Ich stelle mir vor, da
sitzt jemand zu Hause auf dem Sofa und denkt: Beim Parteitag haben wir doch
beschlossen, wir wollen die Eigentumsfrage klären. Was heißt das
eigentlich? Könnte ich eine Genossenschaft gründen, oder können wir unser
Wasserwerk zurückkaufen und wieder kommunal verwalten? Das sind Dinge, die
die Leute für sinnvoll halten. Bei vielen Sachen gehen wir viel zu verkopft
heran. Eine Konferenz jagt die andere.
Bei dem gerade abgeschlossenen Mitgliederentscheid gibt es eine Zustimmung
von 95 Prozent zum Parteiprogramm, aber die Beteiligung war nur mäßig. Im
Osten haben außerdem viel mehr Genossen abgestimmt als im Westen. Wie
erklären Sie sich das?
Ich finde die Beteiligung von knapp 49 Prozent nicht schlecht. Das Quorum
lag bei 25 Prozent. Aber es stimmt schon, da ist ein Unterschied zwischen
Ost und West.
Ist die maue Beteiligung im Westen ein Zeichen dafür, dass sich die West-
von den Ostgenossen dominiert fühlen?
Nein, denn dann hätten sich diese Genossinnen und Genossen bestimmt mit 100
Prozent beteiligt. Das könnte - ich betone: könnte - eine Mentalitätsfrage
sein. Der Ossi sagt sich: Da kommt ein Brief von der Partei, den beantworte
ich ordentlich. Im Westen haben vielleicht einige nach dem Ergebnis des
Parteitags gedacht, ist doch sowieso alles gelaufen.
Was erwarten die Mitglieder von ihrer Führung im Konflikt zwischen den
Flügeln?
Natürlich haben die Flügel ihre Berechtigung; wir wollten nie eine
Einheitspartei werden. Wichtig aber ist doch, das Gemeinsame zu finden und
daran zu arbeiten. Da fehlt uns manchmal noch etwas. Ein großer Teil der
Mitglieder gehört weder einem Flügel noch einer Plattform an.
Was sind die Vorzüge eines Mitgliederentscheids in der Führungsfrage?
Wir fordern in unserem Parteiprogramm Demokratie und Transparenz. Das
müssen wir auch leben. Alle, die kandidieren wollen, müssen bis zu einem
bestimmten Termin ihre Kandidatur öffentlich machen. Und es wird nicht in
Hinterzimmergrüppchen oder Männerbierrunden etwas ausgekungelt. Jeder gibt
sein Politikkonzept ab, und die Mitglieder entscheiden. Es gibt natürlich
auch Argumente dagegen. Aber wir haben dieses Recht in der Satzung
festgelegt. Im Moment sieht es so aus, als wäre das Quorum erreicht. Von
daher geht es jetzt gar nicht mehr darum, sich dafür oder dagegen
auszusprechen - er wird einfach stattfinden.
Mit wie vielen Mitbewerbern außer Dietmar Bartsch rechnen Sie denn noch?
Da werden noch einige kommen.
Meinen Sie, dass Sahra Wagenknecht kandidiert?
Sahra Wagenknecht hat wiederholt gesagt, dass sie nicht kandidiert. Warum
sollte ich das infrage stellen?
Der Name Lafontaine wird auch immer wieder genannt. Rechnen Sie damit, dass
er noch mal Parteichef werden will?
Die Zukunft ist nach vorne offen. Ich denke, dass Oskar Lafontaine keine
große Neigung hat, dieses Amt noch mal auszuüben. Aber ich kann mich
gründlich irren.
Warum nicht?
Weil Oskar Lafontaine genau weiß, dass die entscheidende Frage die
Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl 2013 ist.
Bartsch und Sie sind beide aus dem Osten, nur einer von Ihnen beiden kann
also Chef werden.
Wieso? Wir haben eine Satzung, da ist klar geregelt: Es muss mindestens
eine Frau sein. Zwei Frauen sind auch möglich. Eine Ost-West-Quotierung
steht nicht in der Satzung. Aber Voraussetzung ist, dass Leute für das Amt
kandidieren. Ich warte darauf. Das letzte Wort hat dann der Parteitag.
23 Dec 2011
## AUTOREN
Anja Maier
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