# taz.de -- Residenzpflicht für Asylbewerber: Brandenburg lobt sich selbst | |
> Jahrelang hatten Flüchtlingsorganisationen gekämpft, bis Rot-Rot in | |
> Brandenburg die Residenzpflicht abschaffte. Nun zieht die Landesregierung | |
> Bilanz. | |
Bild: Erfogreiche Proteste: In Brandenburg hat sich was getan. | |
Jahrelang hatten Flüchtlingsorganisationen gekämpft, im Juli 2010 war es | |
geschafft: Rot-Rot in Brandenburg schaffte die Residenzpflicht ab, | |
zumindest fast. Fortan durften Asylbewerber sich frei in der Mark bewegen, | |
auch antragslos ihre Landkreise verlassen. Nun zieht auch die | |
Landesregierung ein positives Resümee: Die Aufhebung habe sich bewährt, | |
sagte Innenminister Dietmar Woidke (SPD) am Dienstag. "Die Lebenssituation | |
der weitaus meisten Asylsuchenden und Geduldeten hat sich wesentlich | |
verbessert." | |
Mehr als 3.000 Flüchtlinge hätten von der Neuregelung profitiert, erklärte | |
Woidke. Dank eines gemeinsamen Erlasses mit Berlin dürften die Betroffenen | |
auch in die Hauptstadt fahren. Dafür brauchen sie eine | |
"Dauerverlassenserlaubnis". Zuvor benötigten die Asylbewerber auch jedes | |
Mal eine Erlaubnis, wenn sie nur ihren Landkreis verlassen wollten. "Das | |
Innenministerium hat geliefert", lobte sich Woidke. Die Ausländerbehörden | |
hatten fast keine der befürchteten Probleme wie verstärktes Untertauchen, | |
Straftaten oder verzögerte Asylverfahren mangels Erreichbarkeit gemeldet. | |
Dem Brandenburger Flüchtlingsrat ging die Lobhudelei etwas zu weit. "Die | |
Aufhebung der Residenzpflicht war ein wichtiger, wenn auch hart erkämpfter | |
Schritt", so Sprecherin Beate Selders. Immer noch aber seien etwa ein | |
Viertel der Flüchtlinge von der Regelung ausgeschlossen. Dies erfolge schon | |
bei Bagatelldelikten oder dem Vorwurf, "Mitwirkungspflichten" in ihren | |
Asylverfahren zu verletzen. "Wenn man sagt, die Residenzpflicht ist | |
menschenunwürdig, kann man sie nicht gleichzeitig als Sanktionsmittel | |
einsetzen", kritisiert Selders. Für Straftaten sei das Strafrecht | |
zuständig. Zudem seien Fahrten in andere Bundesländer als Berlin weiterhin | |
nicht möglich. | |
Innenminister Woidke kündigte an, die Kritik zu prüfen. Grundsätzlich trete | |
Brandenburg für eine völlige Abschaffung der Residenzpflicht ein. | |
Auch sonst sehen Flüchtlingsinitiativen noch Arbeit für Rot-Rot. Der am | |
neuen Flughafen Schönefeld geplante Abschiebearrest dürfe nicht gebaut | |
werden, so Selders. Und immer noch würden drei Landkreise - Oberhavel, | |
Oberspreewald-Lausitz, Havelland - Flüchtlingen ihre Sozialhilfen in | |
Gutscheinen - anstatt in Bargeld - auszahlen. Zwar erließ im November das | |
Brandenburger Sozialministerium einen Runderlass, der die Auszahlung von | |
Bargeld nahelegte. "Den hätte sie aber ruhig verbindlicher formulieren | |
können", so Selders. | |
3 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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