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# taz.de -- Neukölln ohne Wachschutz: Vorsicht, ungeschützter Schulhofverkehr
> Neuköllner Schulleiter schlagen Alarm: Weil der Bezirk die Wachschützer
> vor ihren Einrichtungen weggekürzt hat, erwarten sie Gefährdungen von
> außen.
Bild: Das war einmal: Wachschützer 2007 in der Neuköllner Otto-Hahn-Schule.
Am zweiten Tag ohne Wachschutz an Neuköllner Schulen gab es bereits den
ersten Vorfall: In der Albert-Schweitzer-Schule unweit des Hermannplatzes
fanden Schüler am Donnerstagmittag zwei Heroin-Anhängige in einer Toilette
liegend, die sich gerade einen Schuss gesetzt hatten. "Genau das hatten wir
befürchtet: Die Rückkehr von Zuständen wie vor der Einführung des
Wachschutzes", sagte Schulleiter Georg Krapp. Kreidebleich und unter Schock
hätten ihn die Schüler aus seinem Büro geholt. Krapp verständigte Polizei
und Feuerwehr, die sich um die beiden Drogenkonsumenten kümmerten. Einer
der beiden, 25 Jahre alt, habe gerade vor zwei Tagen eine Entziehungskurs
abgebrochen und gelte seit acht Jahren als drogenabhängig.
Seit Mittwoch, dem ersten Unterrichtstag nach den Weihnachtsferien, müssen
Neuköllner Schulen ohne Wachschützer auskommen, weil sich der Bezirk die
dafür anfallenden Kosten von 700.000 Euro jährlich nicht mehr leisten kann.
Bis dahin hatten Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes an zuletzt
neun Sekundarschulen, fünf Gymnasien und zwei Grundschulen dafür gesorgt,
dass unerwünschte Personen dem Schulgelände fern bleiben. Nur so ließen
sich Drogenhandel und -konsum sowie Beleidigungen und gewalttätige
Übergriffe von außen verhindern, hatte Bezirksbürgermeister Heinz
Buschkowsky (SPD) die Einführung der umstrittenen Maßnahme 2007 begründet.
Aber jetzt ist für die Wachschützer kein Geld mehr da: Neun Millionen Euro
muss der Bezirk Neukölln 2012 einsparen. "Wir könnten statt beim Wachschutz
bei den Schulstationen oder der baulichen Instandsetzung der Gebäude
sparen, aber das wäre noch unverantwortlicher", sagt Neuköllns
Bezirksstadträtin für Bildung, Franziska Giffey (SPD). Ihrer Bitte um
finanzielle Unterstützung durch den Senat habe der Staatssekretär in der
Senatsverwaltung für Inneres, Bernd Krömer (CDU), eine Absage erteilt und
stattdessen eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Polizei
empfohlen. "Aber die Schulen kooperieren bereits bestens mit der Polizei.
Und die kann eben auch nicht von früh bis spät vor den Schulen
patroullieren", so Giffey. Einstweilen könne sie sich nur bemühen, mit
jeder einzelnen Schule Alternativen zum Wachschutz zu finden.
An der Otto-Hahn-Schule in Britz kümmert sich jetzt bis auf Weiteres die
Schulleitung selbst: Leiterin Gabriele Holz und ihre Stellvertreter stehen
morgens vor Unterrichtsbeginn und während der Pausen vor den Eingang und
kontrollieren im Zweifelsfall Schülerausweise. Dazwischen bleibt die Schule
geschlossen - erst einmal auch für die Menschen, die sie mit berechtigtem
Interesse betreten wollen: "Die Klingel ist nur im Büro des Hausmeisters zu
hören, und der ist natürlich oft im Schulhaus unterwegs", sagt Holz. Darum
müssten Besucher im Sekretariat anrufen, damit sich von dort aus jemand mit
Schlüssel auf den Weg machen könne.
An der Rixdorfer Grundschule hofft Schulleiterin Anke Peters, dass das
Bezirksamt dem Schulhof eine neue Beleuchtung verpasst und die
Schließanlage auf Vordermann bringt: "Dann müsste sich der drohende
Vandalismus auch ohne Wachschutz verhindern lassen."
An der Albert-Schweitzer-Schule prüft Direktor Krapp technische
Alternativen, etwa ein Zugangssystem per Chipkarten für Schüler und Lehrer.
"Wir haben uns in den vergangenen Jahren mühsam einen guten Ruf erarbeitet
und verzeichnen jetzt die zweitmeisten Neuanmeldungen in Neukölln. Das
wollen wir uns nicht kaputtmachen lassen." Viele Eltern und Schüler hätten
in der Vergangenheit gerade das Sicherheitspersonal als Argument für die
Schule genannt.
5 Jan 2012
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Schwerpunkt Schillerkiez in Berlin
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