# taz.de -- Folgen des Klimwandels in Kanada: Massensterben von Robbenjungen | |
> Das Meereis vor Kanadas Küsten wird deutlich dünner. In Folge sterben | |
> immer mehr Sattelrobben, weil ihnen das Eis buchstäblich unter den | |
> Flossen wegschmilzt. | |
Bild: Wenn das Eis vor den Küsten Kanadas verschwindet, verlieren die Sattelro… | |
BERLIN taz/afp | Der Klimawandel bedroht die Robben vor Kanadas Ostküste. | |
Das besagt eine Studie, die US-Wissenschaftler der Duke Universität am | |
Donnerstag vorstellten. Ihnen zufolge führt die Klimaerwärmung zu einem | |
Massensterben an Sattelrobben, die auf der Eisdecke im Nordatlantik vor | |
Kanadas Küsten zur Welt kommen. | |
Durch die Klimaerwärmung verändert sich die Nordatlantische Oszillation | |
(NAO). Darunter versteht man die Art und Weise, wie sich das Islandtief im | |
Norden und das Azorenhoch im Süden zueinander verhalten. Die NAO prägt das | |
Klima im Nordatlantik. Als Folge schmilzt das Meereis, also die auf dem | |
Wasser schwimmende Eisschicht. | |
Die Stabilität der Eisdecke wird immer geringer, die Neueisbildung bleibt | |
aus. Den Forschern zufolge führt das zu einem Massensterben von Jungtieren, | |
die im kanadischen Sankt-Lorenz-Golf geboren werden. 2010 wurde sogar eine | |
ganze Generationen neugeborener Robben ausgelöscht. | |
Die Sattelrobben Kanadas brauchen das Meereis, denn im Gegensatz zu Walen | |
und Seekühen müssen Robben ihre Jungen auf festem Untergrund gebären, | |
füttern und aufziehen. Tun sie dies nicht, ertrinken die Jungtiere, denn | |
ihnen fehlt die Fettschicht, um im Wasser zu überleben. | |
"Die Art von Sterblichkeit, die wir in Ostkanada sehen, ist dramatisch", | |
sagt Autor David Johnston. "Im Wesentlichen sterben alle Robbenbabys." Auf | |
Dauer könne die Überlebensfähigkeit der gesamten Art infrage gestellt | |
werden, warnen die Forscher. | |
Die im amerikanischen Online-Journal PloS ONE erschienene [1][Studie] | |
besagt, dass das Meereis vor Kanadas Küsten seit 1979 im Schnitt um sechs | |
Prozent pro Jahrzehnt zurückgeht. So werden immer mehr tote Robben vor der | |
Küste Nordostamerikas angespült. | |
"Dass die Meereisdecke immer dünner wird, ist unbestritten", sagt auch Jörg | |
Feddern von Greenpeace Deutschland. "Es ist eine unaufhaltsame Tendenz, die | |
sich fortsetzen wird." Er schätzt die Dicke des Eises an weiten Stellen auf | |
weniger als drei Meter. Zu wenig für die Robben, um dort ihre Jungen | |
aufzuziehen. 2050, so fürchtet derUmweltschützer, könnte die Meereisdecke | |
ganz verschwunden sein. | |
In den letzten Jahren wurden zum Beispiel 650 tote Jungtiere aus Kanada an | |
der südlich vom Sankt-Lorenz-Golf liegenden US-Küste angeschwemmt – allein | |
auf den 500 Kilometern zwischen Maine und Rhode Island. | |
## Keine Alternativen für die Robben | |
Die Sattelrobben sind auf das Meereis spezialisiert. Auf dem Festland | |
warten Feinde wie Eisbären und Jäger, die die Aufzucht von Jungtieren | |
unmöglich machen. "Die Robben sind auf das Meereis angewiesen", so | |
Greenpeace-Experte Feddern. "Sie können nicht einfach ihre Aufzuchtstätten | |
verlagern." | |
Schon seit Jahren beobachten Umweltschützer und Meeresforscher die | |
Situation der kanadischen Sattelrobben mit Unbehagen. Neben dem Klimawandel | |
stellt die Jagd durch den Menschen die größte Bedrohung für die | |
Robbenpopulation da: Das kanadische Fischereiministerium hat in den letzten | |
Jahren mehrere hunderttausend Sattelrobben im Sankt-Lorenz-Golf und in | |
Neufundland zur Jagd freigegeben. Wenn nun ganze Generationen an Robben | |
ausbleiben, ist der gesamte Robbenbestand Kanadas in Gefahr. | |
Dass sich die globalen Eismassen durch den Klimawandel verändern, ist nicht | |
erst seit gestern bekannt. Die jetzt veröffentlichte Studie aber | |
verdeutlicht die Dringlichkeit, zu handeln. "Die Industrienationen müssen | |
endlich anfangen, ihre Kohlendioxidemissionen zu senken", fordert Jörg | |
Feddern, "sonst wird dieses sehr fragile Biosystem im Nordatlantik gestört | |
– und wenn das passiert, werden uns einige böse Überraschungen erwarten". | |
6 Jan 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.plosone.org/article/info:doi/10.1371/journal.pone.0029158 | |
## AUTOREN | |
Katalina Präkelt | |
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