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# taz.de -- Koptisches Weihnachtsfest in Kairo: Im Fadenkreuz des Militärs
> Selbst Muslimbrüder und Salafisten sind im Komittee zum Schutz der
> Kirchen. Zum Gottesdienst haben die Kopten aber auch Offiziere
> eingeladen.
Bild: Einen Anschlag wie im Januar 2011, als 21 Kopten in Alexandria starben, g…
"Die Mörder der Märtyrer der Kirche der zwei Heiligen sind dieselben, die
die Märtyrer der Revolution getötet haben", steht auf den Transparenten,
die Vertreter der koptischen Jugendbewegung Maspiro vor der Kathedrale in
Abbasija aufgestellt haben. Ihr Protest gilt ihrer eigenen Kirchenführung.
Denn die hat zum heutigen Weihnachtsgottesdienst nicht nur Vertreter aller
politischen Parteien und islamische Würdenträger eingeladen, sondern auch
Vertreter des herrschenden Militärrats.
Vor einer Woche jährte sich der Anschlag auf die den Heiligen Markus und
Petrus geweihte Kirche, bei dem 26 Menschen ihr Leben verloren hatten. Das
damals noch herrschende Mubarak-Regime schob die Tat islamischen
Extremisten in die Schuhe. Dokumente, die beim Sturm auf die
Staatssicherheit im März nach Mubaraks Sturz gefunden wurden, zeigten
jedoch, dass in Wirklichkeit Mubaraks Sicherheitskräfte den Anschlag
vorbereitet hatten. Zur Rechenschaft wurde bislang niemand gezogen.
Auch aktuell sehen sich Kopten vom Militär bedroht. "Die Kirche hätte keine
Mitglieder des Militärrates einladen dürfen, nachdem das Militär unsere
Brüder vor dem Fernsehgebäude überrollt und umgebracht hat", erklärt Rami
Kamel, ein Vertreter der Maspiro-Jugend. Am 9. Oktober waren Panzer in eine
Demonstration von Kopten hineingefahren, die gegen die Zerstörung einer
Kirche in Assuan protestierten. 26 Menschen, meist Christen, wurden
zermalmt. "Dies war keine Auseinandersetzung zwischen Christen und
Muslimen, wie die staatlichen Medien behaupteten, sondern ein Angriff des
Militärs", sagt Mona Seif, eine der Begründerinnen der Kampagne gegen
Militärprozesse.
## Konfessionelle Spannungen werden geschürt
Auch die Kette interkonfessioneller Auseinandersetzungen geht weiter. Erst
in der letzten Dezemberwoche steckten muslimische Dorfbewohner in der
Provinz Asyut mehrere Häuser von Kopten in Brand, nachdem auf der
Facebookseite eines christlichen Oberschülers Karikaturen aufgetaucht
waren, die den Propheten Mohammed verunglimpfen. Der Schüler bestritt
allerdings, die Karikaturen ins Netz gestellt zu haben. Genau dies lässt
den Verdacht aufkommen, dass konfessionelle Spannungen geschürt werden, um
die junge, in der Revolution geborene Zivilgesellschaft zu spalten - eine
alte Taktik der Stasi des Mubarak-Regimes. Hatte sich die Kirche damals
doch aus Furcht vor muslimischen Übergriffen dem Regime vorbehaltlos
unterworfen.
Und trotzdem hat die Revolution vieles geändert. Viele Kopten sind aus dem
Getto herausgetreten und politisch aktiv geworden. Im Vorfeld der
koptischen Weihnachtsfeiern haben revolutionäre Jugendbewegungen wie die
Bewegung des 6. April zur Bildung von Volkskomitees aufgerufen, die die
Kirchen schützen sollen.
## Auch die Muslimbrüder wollen ein entkrampftes Verhältnis
Auch die Muslimbrüder, nach den laufenden Parlamentswahlen voraussichtlich
stärkste Partei in Ägypten, versuchen zur Entkrampfung des Verhältnisses
zwischen Muslimen und Kopten beizutragen. Sie machten den protestantischen
Kopten Rafik Habib zu einem der drei Stellvertreter ihrer Freedom and
Justice Party. Auf ihren Listen kandidieren christliche Politiker wie der
Linksnasserist Amin Iskander. Und sie haben versprochen, sich im neuen
Parlament für ein neues Kirchenbaugesetz einzusetzen, das die alten
Diskriminierungen aufhebt.
Die Muslimbrüderjugend unterstützt die Komitees zum Schutz der Kirchen, und
selbst die erzkonservativen Salafisten haben zum Schutz der Kirchen
aufgerufen. Als Bürger sei er bereit, mit den Christen zu kooperieren,
meint Nader Bikar, der jugendliche Sprecher der salafistischen Partei Nur,
in einem Fernsehduell mit Hani Ramsis von der Maspiro-Jugend. Die Einladung
zum Weihnachtsgottesdienst lehne er jedoch, anders als die Muslimbrüder,
aus theologischen Gründen ab.
Ramsis nimmt den Ball nicht auf. Die Salafisten "betrachten uns ja doch nur
als Ungläubige", sagt er.
6 Jan 2012
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