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# taz.de -- Rassismus in der National Hockey League: Der Ruf der Banane
> Die National Hockey League ist immer noch ein Sammelbecken für weiße
> Raubeine. Das bekommen vor allem farbige Spieler zu spüren.
Bild: Wayne Simmonds von den Philadelphia Flyers ist einer der wenigen schwarze…
Zweihundert kanadische Dollar für eine einzelne eisgekühlte Banane? Ein
stolzer Preis, könnte man meinen. Aber Christopher Moorhouse war heilfroh,
so billig davongekommen zu sein. Ein Gericht in London, Ontario,
verurteilte am Montag den Eishockey-Fan zu dieser Geldstrafe, weil er im
vergangenen September während eines Vorbereitungsspiels der NHL das
exotische Obst auf die Eisfläche geworfen hatte. "Ich bin überglücklich",
so der Verurteilte, "dass die Wahrheit herausgekommen ist."
Wie so oft ist die Wahrheit allerdings nicht so einfach, wie sich das nicht
nur Mr. Moorhouse wünschen würde. Denn als der 26-Jährige die Banane aufs
Eis warf, befand sich gerade Wayne Simmonds auf dem Weg zum gegnerischen
Tor.
Nun ist Simmonds nicht nur Profi der Philadelphia Flyers, sondern auch
einer der wenigen schwarzen Spieler in der immer noch vorwiegend
blütenweißen NHL. Der angeklagte Moorhouse sagte aber aus, er habe das
Schleudern der Vitaminbombe nicht rassistisch gemeint.
Tatsächlich ist das Werfen von Bananen im nordamerikanischen Sport nicht so
eindeutig konnotiert wie im europäischen Fußball, und deshalb kam Moorhouse
glimpflich davon und wurde nur wegen Verletzung des Hausrechts verurteilt.
Aber natürlich ist Rassismus auch in der NHL ein Thema. Gerade in der NHL.
Denn von mehr als 600 Profis in der besten Eishockey-Liga der Welt sind
momentan gerade einmal 26 schwarz. Das liegt natürlich hauptsächlich in der
Tradition des Sports begründet, der seine Wurzeln in Kanada hat.
## Sport für harte Männer
Aber die NHL versucht schon seit Jahren auch in den großen,
multikulturellen Städten im Süden der USA Fuß zu fassen, stößt dabei aber
auf ein Dilemma. Die Marketingstrategien werden immer wieder von
rassistischen Vorfällen torpediert, weil die vielen Fernsehkameras in
schöner Regelmäßigkeit jene Schimpftiraden einfangen, die früher, in
weniger durchmedialisierten Zeiten, ein Geheimnis der Beteiligten blieben.
Allerdings ist die Imagekampagne der NHL schon in ihrem Grundsatz paradox:
Zwar müht sich die Liga seit Jahren, rohes Spiel einzudämmen und
verantwortlich mit Gehirnerschütterungen umzugehen, aber ihre
Werbekampagnen zeichnen Eishockey trotzdem weiter als Sport für harte
Männer.
Schließlich kommen viele Fans immer noch, um krachende
Schlittschuhfahrerkollisionen oder eine zünftige Schlägerei zu sehen. Dass
in so einem Klima die Sprache nicht immer politisch korrekt ist, bewies
zuletzt ausgerechnet Wayne Simmonds.
## Beweise fehlen
Vergangenen September, wenige Tage bevor er selbst zum Bananenopfer von
Ontario wurde, soll Simmonds selbst einen Gegner homophob beschimpft haben.
Der Vorfall wurde von der NHL untersucht, die aber nur feststellen mochte,
dass sie diskriminierende Äußerungen zwar "vollkommen unakzeptabel" fände,
es aber nicht genügend Beweise gäbe, um gegen Simmonds vorzugehen.
Ebenfalls eine Banane, wenn auch nur eine virtuelle, war dafür
verantwortlich, dass ein gewisser Krys Barch vergangene Woche ein Match
seiner Florida Panthers aussetzen musste.
Barch war von der NHL gesperrt worden, weil er gegenüber Gegenspieler P. K.
Subban den Schiedsrichtern zufolge "eine rassistische Bemerkung" habe
fallen lassen. Subban war mit einem Teamkollegen von Barch
aneinandergeraten und während der anschließenden Schlägerei zu Fall
gekommen.
Weder Barch noch Subban, der jamaikanischer Abstammung ist, noch der
Linienrichter, der die Bemerkung gemeldet hatte, wollten enthüllen, was
Barch, der als eines der gröberen Raubeine der Liga berüchtigt ist, gesagt
hatte.
## Vertuschungsversuche
Doch der Versuch der NHL, die genauen Umstände geheim zu halten,
scheiterte: Barch soll, so hat es ein Journalist vermeldet, der den Vorfall
belauscht haben will, den farbigen Subban gefragt haben, ob er "auf einer
Banane ausgerutscht" sei.
Auch hier also ist die Wahrheit nicht eindeutig, und die interessierte
Öffentlichkeit in Nordamerika fragt sich nun, ob das Strafmaß angemessen
ist. Die NHL ließ verlauten, man habe Barchs Äußerung nicht als rassistisch
eingestuft, sonst hätte er mindestens fünf Spiele Sperre bekommen.
Warum aber, fragen nun Kommentatoren, wurde der Spieler dann überhaupt
gesperrt? Denn das ließ die Liga offen. Vielleicht sorgen sich die
NHL-Funktionäre ja nur um den guten Ruf der Banane.
10 Jan 2012
## AUTOREN
Thomas Winkler
Thomas Winkler
## TAGS
Wut
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