# taz.de -- Einschreibesoftware an Universitäten: Staatschaos soll privat werd… | |
> Die Probleme mit der geplanten zentralen Einschreibesoftware sind noch | |
> größer als gedacht. Die Regierung will nun die staatliche Campus-IT | |
> privatisieren. | |
Bild: Nicht so einfach wie die Regierung dachte: StudentInnen digital ins Studi… | |
BERLIN taz | Das Einschreibechaos an den Hochschulen fordert offenbar ein | |
erstes Opfer: Die Bundesregierung erwägt die Softwareabteilung der | |
staatlichen Hochschulinformations GmbH zu privatisieren. | |
"Es herrscht eine gewisse Unzufriedenheit mit der Arbeit der HIS-IT, und | |
der Punkt ist erreicht, zu fragen, ob ein privatwirtschaflich organisierter | |
Wettbewerb nicht zu besseren Resultaten führt", sagt ein Sprecher von | |
Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU). Zunächst solle die | |
Abteilung jedoch evaluiert werden. | |
Die HIS ist einer der Hauptakteure in dem Drama um die groß angekündigte | |
und immer wieder verschobene zentrale Einschreibung für Studiengänge mit | |
dem sperrigen Namen "Dialogorientiertes Serviceverfahren". | |
Die Idee: Über das Internetportal "hochschulstart" sollten sich alle | |
Studierwilligen eigentlich schon seit Herbst für zulassungsbeschränkte | |
Studiengänge überall anmelden können, ohne dass Plätze mehrfach belegt und | |
bis Semesterstart blockiert sind. Infolge solcher Mehrfachanmeldungen | |
konnten in der Vergangenheit bis zu 20.000 der begehrten Studienplätze | |
nicht besetzt werden. | |
## 15 Millionen Euro | |
Verantwortlich für das gesamte Projekt ist die Stiftung für | |
Hochschulzulassung, in der die Länder und die Hochschulen sitzen. Diese | |
beauftrage die Firma T-Systems, eine Telekom-Tochter, die Zentralsoftware | |
zu entwickeln. Der Bund übernahm die Rolle des Investors und zahlte 15 | |
Millionen Euro. Die Software gibt es, und sie funktioniert auch, also sehen | |
der Bund und T-Systems ihren Part als erfüllt an. | |
Die Stiftung für Hochschulzulassung musste den geplanten deutschlandweiten | |
Start im Dezember jedoch zum zweiten Mal verschieben; und in dieser Woche | |
wurde bekannt, dass die Schwierigkeiten noch größer sind als gedacht. Der | |
Sprecher der Stiftung bestätigte, dass sich Studierende in diesem Jahr nur | |
an etwa 40 von 170 in Frage kommenden Hochschulen über "hochschulstart" für | |
Studiengänge bewerben können. | |
Die Mehrheit der Hochschulen bleibt außen vor, weil ihre Campussoftware | |
nicht kompatibel ist mit der Zentralsoftware. Und Lieferant für | |
Campussoftware ist in 80 von 100 Fällen die HIS GmbH, die es nicht | |
schaffte, ihre alten Produkte an das neue System anzupassen. | |
## Bund und Länder haben ebenfalls versagt | |
In einem Brief an die Wissenschaftsministerien der Länder schrieb die | |
Staatssekretärin im Bildungsministerium, Cornelia Quennet-Thielen, daher | |
noch im Dezember: "Als einer der 17 Gesellschafter hält der Bund eine | |
Privatisierung der HIS-IT für einen geeigneten Weg." | |
Der Sprecher der HIS räumt technische Schwierigkeiten bei der Anbindung der | |
Hochschulen an die Zentralsoftware ein. Das liege unter anderem daran, dass | |
viele Hochschulen über Jahre hinweg eine individualisierte | |
Softwarelandschaft aufgebaut hätten, was teilweise aufwändige | |
Einzellösungen notwendig mache. | |
Doch offenbar haben Bund und Länder als Gesellschafter der HIS an dieser | |
Stelle ebenfalls versagt. Um geeignete Brücken zu entwickeln hätte die | |
HIS-IT zusätzlich 2,5 Millionen Euro gebraucht. Diese Summe sagten Bund und | |
Länder jedenfalls im August 2011 zu - und überwiesen sie dann doch nicht. | |
Dass die Privatisierung ein geeigneter Ausweg aus dem Schlamassel sei, | |
sehen Beobachter kritisch. "Mit der Idee, die HIS-IT zu privatisieren, ist | |
noch keine neue Software geschrieben", meint auch der Sprecher der Stiftung | |
für Hochschulzulassung. Wann das Verfahren flächendeckend funktioniere, | |
könne derzeit niemand beantworten. | |
12 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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