# taz.de -- Neues Einschreibesystem gestoppt: hochschulchaos.de | |
> Das neue Einschreibesystem im Internet kann doch nicht zum Wintersemester | |
> starten. Wegen doppelter Abiturjahrgänge droht ein Zulassungschaos. | |
Bild: Jena: 5300 Erstsemester starteten zum letzten Wintersemester. | |
BERLIN taz | Für hunderttausende Studienbewerber gilt seit Dienstag wieder | |
das Prinzip: Bewirb dich an möglichst vielen Hochschulen gleichzeitig, | |
damit es auf jeden Fall an einer Uni klappt. Denn das transparente und | |
zentrale Onlineverfahren, das überbuchte Plätze, lange Wartezeiten und | |
komplizierte Nachrückverfahren überflüssig machen sollte, wird nun doch | |
nicht wie geplant zum Herbst eingeführt. Die Stiftung für | |
Hochschulzulassung, die das Portal [1][hochschulstart.de] betreibt, hat am | |
Dienstag entschieden, den avisierten Start abzusagen. "Das wird dazu | |
führen, dass Tausende ihren Weg an die Hochschule nicht finden werden", | |
befürchtet Florian Keller vom Dachverband der StudentInnenschaften, fzs. | |
Die neuerliche Verschiebung ist doppelt problematisch: Zum Wintersemester | |
werden mehr Studienanfänger als je zuvor erwartet werden. 450.000 Menschen | |
erwarben allein im vergangenen Jahr eine Studienberechtigung. In diesem | |
Jahr werden zudem in Bayern und Niedersachsen die Absolventen der | |
achtjährigen und neunjährigen Abiturjahrgänge gleichzeitig ihre Unterlagen | |
an den Hochschulen einreichen. Hinzu kommen noch bis zu 59.000 junge | |
Männer, die nicht mehr zum Wehrdienst eingezogen werden. | |
Um den erwarteten Ansturm zu kanalisieren, ließen Länder- und | |
Hochschulvertreter, die in der Stiftung für Hochschulzulassung paritätisch | |
sitzen, vom Fraunhofer-Institut ein sogenanntes dialogorientiertes | |
Verfahren entwickeln. Die Idee: Bewerber können sich per Internet an | |
mehreren Hochschulen bewerben; bekommen sie eine Zusage, können sie den | |
Platz anklicken und fliegen aus allen anderen Wartelisten raus. Die | |
Software sei jedoch nicht mit sämtlichen Computersystemen kompatibel, die | |
die Hochschulen benutzen, erklärt Stiftungssprecher Bernhard Scheer. | |
Die Vorsitzende des Bildungsausschusses im Bundestag, Ulla Burchardt (SPD), | |
sagte der taz: "Hochschulen und Länder im Stiftungsrat haben als Manager | |
versagt." Sie hätten die alte Zentralstelle für die Vergabe von | |
Studienplätzen abgeschafft, dann aber jahrelang kein Konzept gehabt, wie | |
die Studienplatzvergabe organisiert werden könne. | |
## Grüner Hochschulexperte fordert: Schavan darf kein Zaungast bleiben | |
Die ZVS hatte als Vorgänger der Stiftung jahrzehntelang Bewerber nach | |
Durchschnittsnote über die Bundesrepublik verteilt. Bis die Länder auf | |
Wunsch der Hochschulen das "Bürokratiemonster" vor einigen Jahren | |
entmachteten und den Hochschulen das Recht übertrugen, ihre zukünftigen | |
Studierenden auszuwählen. Mit der Sortierung der Massenbewerbungen waren | |
diese jedoch überfordert. Studierende belegten Plätze mehrfach, andere | |
kamen gar nicht zum Zuge, was dazu führte, dass nach Informationen der dpa | |
2010 fast 17.000 begehrte NC-Studienplätze unbesetzt blieben. | |
Der Grünen-Hochschulexperte Kai Gehring forderte Bildungsministerin Annette | |
Schavan (CDU) zum Eingreifen auf. Sie müsse das Zulassungschaos beheben, | |
statt Zaungast zu bleiben. Schavan verwies auf die Stiftung als Schuldige | |
und insistierte: "Das neue System muss kommen." Der Stiftungsrat versprach, | |
in Kürze einen Aktionsplan vorzulegen, der aufzeige, welche Maßnahmen | |
Länder und Hochschulen ergreifen, damit [2][hochschulstart.de] | |
baldmöglichst starten könne. Grüne Hochschulgruppen und fzs forderten den | |
Bundestag auf, einen bundesweit einheitlichen Hochschulzugang zu | |
beschließen. | |
13 Apr 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://hochschulstart.de | |
[2] http://hochschulstart.de | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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