# taz.de -- Streit um Studienplatzvergabe: Software statt Professoren | |
> Der Hamburger Senat bezahlt einen privaten Anbieter von Campus-Software | |
> aus dem Topf für Studienplätze. Die Grünen werfen der SPD-Regierung | |
> Zweckentfremdung vor. | |
Bild: Begehrte Bildung: Wegen der doppelten Abiturjahrgänge drängen besonders… | |
BERLIN taz | Viel geschimpft wurde in letzter Zeit über die immer noch | |
nicht funktionierende bundesweite Studienplatzvergabe per Internet. Als | |
positives Gegenbeispiel galt stets Hamburg: Hier klappt die Verbindung | |
zwischen Campus-Software und Zentralsoftware - und zwar dank eines privaten | |
Anbieters, der Firma Datenlotsen. Was offenbar nicht so gut klappt, ist die | |
Finanzierung. | |
Wie die Hamburger Grünen vom Senat in einer Anfrage bestätigt bekamen, | |
plant die SPD-Regierung, die Firma Datenlotsen aus noch unverplanten | |
Hochschulpaktmitteln zu bezahlen. Ein Topf, der eigentlich dazu bestimmt | |
ist, Personal anzuheuern und Räume zu mieten, um Tausenden Studienanfängern | |
ein anständiges Studium zu ermöglichen. | |
Insgesamt veranschlagt der Senat Kosten in Höhe von 600.000 Euro, davon | |
zwei Drittel für die Anbindung der Hochschulen und ein Drittel für die | |
laufenden Kosten der Teilnahme am Verfahren. Das entspricht einem Sechstel | |
der Summe, die Hamburg bis 2010 vom Bund erhalten hat, um nach eigenen | |
Angaben 1.400 zusätzliche Studienanfänger zu finanzieren. | |
Den Hochschulpakt schlossen Bund und Länder, um bis 2015 ausreichend | |
Studienplätze für die Absolventen der doppelten Abiturjahrgänge | |
bereitzustellen. Bisher wurden so fast 200.000 zusätzliche Studienplätze | |
verglichen mit 2005 geschaffen. Pro Platz zahlte der Bund zunächst 11.000 | |
und nun 13.000 Euro zu. Die Länder sollen die gleiche Summe drauflegen. | |
## Hamburg ist sich keiner Schuld bewusst | |
Doch im Bundesbildungsministerium (BMBF) argwöhnt man offenbar seit | |
Längerem, dass die Länder das Bundesgeld nicht zu 100 Prozent für | |
Studienplätze ausgeben. So mahnte Bundesbildungsministerin Annette Schavan | |
(CDU) die Länder bereits im Oktober 2011, "dafür zu sorgen, dass das Geld | |
aus dem Hochschulpakt auch bei den Studierenden ankommt". | |
In Hamburg ist man sich keiner Schuld bewusst: "Zur Bereitstellung des | |
Studienangebots gehört auch eine effiziente Vergabe der vorhandenen | |
Studienplätze", heißt es in der Antwort des Senats. Diesem Zweck diene das | |
Serviceverfahren. "Die Teilnahme der Hochschulen daran entspricht daher der | |
Zweckbestimmung der Mittel." | |
Der Hochschulexperte der Grünen im Bundestag, Kai Gehring, ist dennoch | |
empört: "Das Geld, das Bund und Länder für die Schaffung zusätzlicher | |
Studienplätze ausgeben, reicht hinten und vorne nicht", meint er. Es sei | |
ein schlechter Scherz, wenn Länder den Hochschulen Hochschulpaktmittel | |
vorenthielten, um ihre Teilnahme am neuen Zulassungsverfahren zu | |
finanzieren. Gehring forderte Schavan zum Handeln auf. "Das BMBF muss | |
schleunigst eingreifen und prüfen, ob eine Zweckentfremdung von Geldern | |
vorliegt." | |
Im Hause Schavan reagiert man vorsichtig. Bund und Länder hätten den | |
Hochschulpakt mit dem Ziel vereinbart, ein bedarfsgerechtes Studienangebot | |
bereitzustellen, sagt eine Sprecherin. "Die konkrete Ausgestaltung der | |
Mittelverwendung obliegt den jeweiligen Ländern." | |
Auf Anfrage der taz erklärten Ministeriumssprecher in Berlin und | |
Nordrhein-Westfalen, dass die Teilnahmekosten für die Onlineplattform | |
selbstverständlich nicht aus Hochschulpaktmitteln bezahlt würden. | |
23 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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