# taz.de -- Rassismus im Theater: "Ein rassistisches Ausgrenzungstool" | |
> Warum der Vorwurf des Rassismus nicht so leicht abzutun ist: | |
> Schwarzen-Aktivist Tahir Della zum Streit über eine Inszenierung des | |
> Berliner Schlosspark Theaters. | |
Bild: Schwarz angemalt: Plakatausschnitt der Schlosspark-Theater-Inszenierung v… | |
taz: Herr Della, eine Inszenierung am Schlosspark Theater ist in die Kritik | |
geraten, weil ein Schwarzer von einem schwarz geschminkten weißen Mann | |
dargestellt wird. Das Stück "Ich bin nicht Rappaport" wurde schon 40-mal in | |
Deutschland inszeniert - nur zweimal mit einem Schwarzen Schauspieler. | |
Warum haut man gerade auf das Schlosspark Theater ein? | |
Tahir Della: Das Theater ist durch die stadtweite Plakatwerbung in den | |
Fokus geraten und durch seine Stellungnahmen zu der Kritik. Die Aufmachung | |
der Plakate legt es nahe, den Bogen zur Blackface-Tradition zu ziehen. Aus | |
Anlass der geplatzten Inszenierung eines Stücks am Deutschen Theater hatten | |
wir aber ohnehin vor, zu diesem Thema "Blackface" eine Erklärung | |
herauszugeben. | |
Was genau ist denn jetzt rassistisch am "Blackfacing"? | |
Blackface entstand Ende des 19. Jahrhunderts in den "Minstrel Shows" der | |
USA. Da wurde dem meist weißen Publikum das Klischee des tumben, aber immer | |
lustigen Schwarzen präsentiert. Unabhängig von diesem Hintergrund ist | |
Blackface aber auch hierzulande kein legitimes Stilmittel. Hier fungiert es | |
als rassistisches Ausgrenzungstool, um Schwarze Schauspieler von deutschen | |
Bühnen fernzuhalten. Zumal umgekehrt argumentiert wird, für Schwarze | |
Schauspieler gebe es zu wenig Rollen. Außerdem fühlen sich viele Schwarze | |
Menschen durch den Anblick einer solchen Maskerade diffamiert. | |
Viele, aber nicht alle? | |
Schwarze Menschen sind genauso divers wie alle anderen auch. Natürlich habe | |
ich nicht den Anspruch, für alle Schwarzen Menschen in Deutschland zu | |
sprechen. Das tue ich in erster Linie im Namen unseres Vereins. | |
Ist die harsche Kritik nicht eine Überreaktion? | |
Rassistisches Handeln ist immer davon abhängig, wie es bei den Betroffenen | |
ankommt. Man ist in Deutschland schnell dabei, die Befindlichkeiten | |
Schwarzer Menschen abzuwiegeln und Rassismus in die USA zu verorten. Statt | |
auf die Kritik einzugehen und mit den Menschen zu sprechen, wird darauf | |
verwiesen, dass diese "Technik" in Deutschland keine rassistische Tradition | |
habe und damit auch nicht rassistisch sein könne. Wo der Rassismus aufhört, | |
ist aber objektiv nicht definierbar. Das können nur Menschen empfinden, die | |
Rassismuserfahrungen machen müssen. Das ist, wie wenn ich als Mann sagen | |
würde: Ich bin nicht sexistisch, deshalb darf mir keine Frau Sexismus | |
vorwerfen. | |
Dieter Hallervorden, die Theaterleitung und der Regisseur haben in | |
Statements betont, dass sie keine rassistischen Absichten hatten, und | |
verweisen auf den Inhalt des Stücks. Auf die Kritik an der Blackface-Praxis | |
gehen sie aber nicht ein. Wie erklären Sie sich das? | |
Weil sie sich damit auch nicht auseinandersetzen müssen. Ich bin nicht | |
rassistisch, ich meinte das nicht rassistisch - also ist es nicht | |
rassistisch. Die Theaterleitung vertritt ja den Standpunkt, die Bürger und | |
die Kunst dürften nicht gezwungen werden, eine Rassismusdefinition | |
anzunehmen, die von einer Gruppe im Internet als allgemeingültig behauptet | |
wird. Wenn aber Betroffene sagen, dass sie etwas als rassistisch empfinden, | |
muss die Mehrheitsgesellschaft diese Gefühle anerkennen. Stattdessen gibt | |
es dieses Festhalten an der Definitionsmacht. | |
Denken Sie, der Zuschauer wird durch dieses Theaterstück für das Problem | |
des alltäglichen Rassismus sensibilisiert? | |
Wenn man sich die Posts der Leute auf der Seite des Schlosspark Theaters | |
anschaut, scheint das leider nicht der Fall zu sein. Unsere Kritik, wie | |
hier mit dem Thema Rassismus umgegangen wird, thematisiert da niemand. | |
Trotzdem hoffe ich natürlich, dass die Leute anfangen nachzudenken und sich | |
fragen: Warum steht eigentlich kein Schwarzer Schauspieler da oben? | |
11 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Marie-Claude Bianco | |
Marie-Claude Bianco | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Rassismus | |
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