# taz.de -- Kritik am Schlosspark Theater: "Klischees raus aus Köpfen" | |
> Das Berliner Schlosspark Theater schminkt Schauspieler schwarz. Die | |
> Leiterin der Landesstelle für Gleichbehandlung hat sich mit einem Brief | |
> an das Theater gewandt. | |
Bild: Weglächeln bringt nichts: Dieter Hallervorden und ein Plakat des Schloss… | |
taz: Frau Ünsal, das Steglitzer Schlosspark Theater geriet Anfang des | |
Jahres in die Kritik, weil es die Figur eines Afroamerikaners mit einem | |
schwarz geschminkten weißen Schauspieler besetzt. Jetzt haben Sie der | |
Theaterleitung einen kritischen Brief geschrieben. Was genau werfen Sie ihr | |
vor? | |
Eren Ünsal: Wir werfen dem Schlosspark Theater nichts vor. Es liegt uns | |
fern, mit dem Finger auf eine Institution zu verweisen und zu sagen: Ihr | |
seid die Bösen. Aber auf der einen Seite gibt es Beschwerden von | |
Bürgerinnen und Bürgern, die sich durch die Art der Darstellung eines | |
Schauspielers diskriminiert oder verletzt fühlen. Auf die müssen wir | |
natürlich reagieren, das ist unsere Aufgabe. Auf der anderen Seite gibt es | |
die Aussage eines Theater-Mitarbeiters, dass kaum einem Ensemble schwarze | |
SchauspielerInnen angehörten, weil es zu wenig Rollen für sie gebe. Es geht | |
darum zu klären, was genau damit gemeint ist und wie es mit der | |
Einstellungspraxis aussieht. | |
Inwiefern? | |
Wenn das die gängige Einstellungspraxis ist, liegt es nahe, Diskriminierung | |
zu vermuten. Das würde bedeuten, dass schwarze Schauspielerinnen und | |
Schauspieler chancenlos sind. Mit diesen Themen haben wir uns an das | |
Theater gewandt und die Bitte geäußert, mit uns ins Gespräch zu kommen. | |
Wie hat das Theater reagiert? | |
Bis jetzt haben wir keine Antwort bekommen. | |
Der Theatersprecher Harald Lachnit hat gegenüber der Presse gesagt, Ihre | |
Behörde lasse sich "von Leuten einspannen". | |
Zu dieser Aussage möchte ich gar nichts sagen. Es gibt die | |
Landes-Antidiskriminierungsstelle, damit Menschen, die sich diskriminiert | |
fühlen, eine Möglichkeit haben, Unterstützung zu bekommen. Und auch um | |
überprüfen zu können, ob ein diskriminierendes Verhalten vorliegt. | |
Die Diskriminierung von Schwarzen an deutschen Bühnen ist nicht neu. Werden | |
Sie sich nun grundsätzlich mit dem Thema beschäftigen? | |
Ja. Das ist das Positive daran, dass das Thema mediales Interesse auf sich | |
gezogen hat. Denn es zeigt auch, dass das Problem bedeutend größer ist. Wir | |
müssen Strategien entwickeln, um die Benachteiligungen von Personengruppen | |
im Kulturbereich zu verhindern. Dazu müssen wir die Darstellungsformen | |
hinterfragen. Warum kann ein schwarzer Mensch nicht jede Rolle spielen? | |
Warum kann ein Mensch mit Behinderung nicht jede Rolle spielen? | |
Haben Sie denn Strategien, die über den Dialog hinausgehen? | |
Es hat sich ja schon viel getan. Es gibt jetzt schon zunehmend Beispiele | |
für nicht klischeegetreue Besetzungen. Leider sind das noch Ausnahmen. Wir | |
müssen die Strukturen verändern und die Bilder und Klischees in den Köpfen | |
der Menschen. Außerdem gibt es gesetzliche Grundlagen auf Landes- und | |
Bundesebene, die Menschen vor Diskriminierung schützen können, wie das | |
allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Die müssen wir nutzen, wenn uns der | |
Dialog nicht mehr weiterbringt. | |
Der Senat betreibt auch finanzielle Förderung. Lässt sich darüber nicht | |
etwas in den Köpfen der Kulturschaffenden verändern? | |
Das kann sehr gut sein. Kulturförderung ist nicht mein Gebiet. Es gibt aber | |
eine sehr starke Sensibilisierung bei den KollegInnen, und wir sind da in | |
einem sehr aktiven Austausch. Im Übrigen denke ich, dass der Senat | |
bundesweit eine VorreiterInnenrolle einnimmt, was | |
Antidiskriminierungspolitik betrifft. Er setzt den Landesaktionsplan gegen | |
Rassismus und ethnische Diskriminierung um, er ist verantwortlich für das | |
Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. Nicht | |
zuletzt ist Berlin Mitglied der Städtekoalition gegen Rassismus und | |
Diskriminierung und der Charta der Vielfalt, um nur einige wenige | |
Strategien zu nennen. | |
Denken Sie, dass die Arbeit der Landesstelle etwas in der Gesellschaft | |
verändern kann? | |
Definitiv! Die Förderung einer Kultur der Wertschätzung, der Vielfalt ist | |
aber ein sehr langer Weg. Man kann nicht erwarten, dass man in den | |
viereinhalb Jahren, die es diese Landesstelle erst gibt, nachhaltige | |
Einstellungsänderungen bewirken kann. Aber ich glaube, wir haben in Berlin | |
schon sehr viel geschafft. Etwa in Bezug auf Gendergerechtigkeit oder das | |
Thema Schwule und Lesben, da hat sich unglaublich viel getan. Aber | |
insgesamt ist das ein langfristiger Prozess. | |
14 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Marie-Claude Bianco | |
Marie-Claude Bianco | |
## TAGS | |
Racial Profiling | |
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