# taz.de -- S-Bahn: Senat muss Weichen neu stellen | |
> Die Deutsche Bahn AG will die S-Bahn behalten - nun muss der Senat neu | |
> diskutieren. Fahrgastverband kritisiert fehlende Anstrengungen zum | |
> S-Bahn-Netz. | |
Bild: Wer fährt hier nach 2017? Das ist derzeit unklar. | |
Nach der Absage der Deutschen Bahn, die S-Bahn an das Land Berlin zu | |
verkaufen, ist die Zukunft des Betriebs offen. Derzeit würden sowohl die | |
Gesamtvergabe des Betriebs als auch eine Teilausschreibung geprüft, sagte | |
die Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung, Daniela Augenstein, am | |
Freitag. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte in der | |
Plenarsitzung am Donnerstag mitgeteilt, dass die Deutsche Bahn | |
erwartungsgemäß ihr Tochterunternehmen S-Bahn nicht an das Land verkaufen | |
will. "Aus meiner Sicht ist die Teilausschreibung die Folge, die sich | |
daraus ergibt", ergänzte er. | |
Bei einer Teilausschreibung soll unter anderem geprüft werden, welche Teile | |
des S-Bahn-Betriebs ausgeschrieben werden könnten. "Man muss auch schauen, | |
wie in einer solchen Ausschreibung beispielsweise soziale Standards für die | |
Mitarbeiter berücksichtigt werden", so Augenstein. Alles, was nicht Teil | |
der Ausschreibung ist, wird weiter von der S-Bahn GmbH betrieben. Bei einer | |
Vergabe könnte der Betrieb an ein landeseigenes Unternehmen, beispielsweise | |
die BVG, gehen. | |
Über die Zukunft der S-Bahn wird seit Jahren gestritten. Bis 2017 liegt der | |
Betrieb laut geltendem Vertrag in den Händen der Bahntochter. Kritik am | |
Umgang der DB mit der S-Bahn wurde in Folge eines Unfalls vor anderthalb | |
Jahren laut. Damals brach ein Rad, zwei Monate später zog das | |
Eisenbahnbundesamt hunderte Züge aus dem Verkehr. Der Vorwurf: | |
unzureichende Sicherheitsprüfungen. Zeitweise waren ganze Teile des | |
Streckennetzes außer Betrieb. Auch Schnee und Eis sowie technische Probleme | |
legten immer wieder Züge lahm, bis heute gelten Notfallfahrpläne. Zuletzt | |
meldete die S-Bahn am Freitag Einschränkungen wegen "Personalengpässen". | |
Die SPD hatte sich in ihrem Wahlprogramm eigentlich gegen die teilweise | |
oder vollständige Ausschreibung ausgesprochen. "Eine (Teil-)Ausschreibung | |
der Berliner S-Bahn lehnen wir ab", hieß es dort. In den | |
Koalitionsverhandlungen mit der CDU einigte man sich jedoch auf den | |
Kompromiss, mit der Bahn über eine Übernahme des Betriebs zu verhandeln. | |
Erst wenn das - wie Wowereit nun bekannt gab - scheitert, wolle man über | |
eine Vergabe oder eine Ausschreibung entscheiden. | |
Kritik an den Überlegungen zu einer Ausschreibung kommt aus den Reihen der | |
Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und des S-Bahn-Tischs. Beide | |
befürchten eine "Zerschlagung" der S-Bahn. "Das wird keine Lösung des | |
S-Bahn-Chaos sein, sondern nur seine Verlängerung", so dessen Sprecher | |
Rouzbeh Taheri. Der S-Bahn-Tisch will mit einem Volksbegehren eine | |
Ausschreibung verhindern. | |
Jens Wieseke vom Fahrgastverband Igeb sieht sowohl eine Ausschreibung als | |
auch eine Vergabe positiv - unter bestimmten Bedingungen. Die | |
Teilausschreibung dürfe nur der erste Schritt sein, um später die | |
restlichen Strecken auszuschreiben, zudem müssten soziale Standards | |
festgelegt werden. Eine Vergabe an die BVG lehnt er zwar ab: "Die hat ihre | |
eigenen Probleme." Sinnvoll sei allerdings die Gründung einer neuen | |
Gesellschaft in Kooperation mit Brandenburg. | |
Wieseke kritisiert, dass die Debatte sich auf den S-Bahn-Betrieb | |
beschränkt. "Das Netz wird vergessen." Berlin müsse sich auch darum | |
kümmern, die Zuständigkeit für das Netz, die derzeit beim Bund liegt, zu | |
bekommen. | |
13 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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