# taz.de -- Kameradschaftskader will NPD-Chef werden: Neonazis interessieren si… | |
> Innensenator will Verantwortliche für Neonazi-Internetplattform | |
> ermitteln. NPD-Vizechef guckt im Ausschuss zu und lacht sich ins | |
> Fäustchen. | |
Bild: Für Genannte auf der Neonazi-Internetseite ist die Gefahr keineswegs abs… | |
Da hat der neue Dienstherr seine Polizei wohl überschätzt: Innensenator | |
Frank Henkel (CDU) behauptete im Ausschuss für Verfassungsschutz, die | |
Polizei habe den auf einer rechten Website des "Nationalen Widerstands" | |
aufgelisteten Nazigegnern ein "Sicherheitsgespräch" angeboten. Hat sie aber | |
nicht, jedenfalls nicht Benedikt Lux (Grüne) und Bianca Klose von der | |
Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR). Lux, der am Mittwoch zum | |
Vorsitzenden des Verfassungsschutzausschusses gewählt wurde, sagte zu | |
Henkel: "So ein Angebot ist mir nicht zugegangen." | |
Klose zeigte das ihr zugegangene Schreiben der taz: Darin weist die Polizei | |
lediglich darauf hin, dass Kloses Name in der Nazifeindliste auftaucht - | |
und dass dies "keine Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung" liefere. | |
"Insofern wäre das Angebot eines Sicherheitsgesprächs ja ein Widerspruch in | |
sich", so Klose. Dass durchaus Gefahr besteht, zeigen Zahlen aus der | |
Justizverwaltung: 23 Personen, die auf der Website mit Name und teils | |
Adresse als "politische Gegner" aufgeführt sind, waren in der Vergangenheit | |
Ziel gewalttätiger Übergriffe; in 13 Fällen geht die Polizei definitiv von | |
rechtsextremistischen Motiven der Täter aus (taz berichtete). | |
Das geht offensichtlich über den "Aufbau einer latenten Drohkulisse" | |
hinaus, den Henkel im Ausschuss als Ziel der Berliner Naziplattform im Netz | |
bezeichnete. Immerhin versicherte der Senator, die Sicherheitsbehörden | |
würden alles tun, um die für die Website Verantwortlichen namentlich zu | |
ermitteln. "Unser Ziel ist es weiterhin, diejenigen strafrechtlich zur | |
Verantwortung zu ziehen." Die Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen | |
allerdings eingestellt. | |
Derjenige, den viele Kenner der rechten Szene hinter der Website vermuten, | |
saß zu Beginn der Ausschusssitzung selbst im Publikum: Neonazikader | |
Sebastian Schmidtke verfolgte zusammen mit seinen stadtbekannten Kameraden | |
Christian Bentz und Björn Wild die Sitzung. Er grinste breit, als Henkel | |
die Frage verneinte, ob seine Behörde belastbare Erkenntnisse darüber habe, | |
dass Schmidtke für die Plattform verantwortlich ist. | |
Entscheidender als die Frage, wer die Website registriert hat, ist laut | |
Klose ohnehin, wer sie mit Inhalten füttert. Eine Möglichkeit hierfür böten | |
die zahlreichen Berichte von Gerichtsprozessen gegen Linke, die die | |
Naziwebsite publiziert: "Die Behörden müssten nur mal nachsehen, wer bei | |
solchen Prozessen im Publikum sitzt", so Klose. Offenbar dienten den Nazis | |
Aushänge vor Gerichtssälen häufig als Quelle für Namen und Adressen Linker. | |
Als "Prozessbeobachter" der Nazis nennt die Rechtshilfegruppe Berliner | |
Ermittlungsausschuss auf ihrer Website unter anderen Björn Wild. | |
Dessen Kamerad Schmidtke könnte bald höchst offiziell Verantwortung für | |
eine andere rechtsextreme Berliner Institution übernehmen: den hiesigen | |
Landesverband der NPD. Bei dessen Parteitag im Februar will der bisherige | |
stellvertretende Landesvorsitzende gegen den amtierenden Landeschef Uwe | |
Meenen antreten. Unter dem 2010 aus Franken nach Berlin geholten Meenen | |
verfehlte die NPD bei den Wahlen zu Abgeordnetenhaus und | |
Bezirksverordnetenversammlungen kläglich ihre Ziele. Indessen gilt der | |
Berliner Schmidtke als in der hiesigen Kameradschaftsszene sozialisiert und | |
bestens damit vernetzt. | |
19 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Puschner | |
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