# taz.de -- Datenschützer über Funkzellenabfrage: "Wir brauchen stärkere Lei… | |
> Die Funkzellenabfrage werde routinemäßig aber mit seltenem | |
> Erkenntnisgewinn eingesetzt, sagt der Berliner Datenschützer Dix. Er | |
> fordert deutliche Einschränkungen. | |
Bild: Die Funkzellenabfrage bringt viele Daten und kein klares Bild. | |
taz: Herr Dix, die Hauptstadtpolizei hat 4,2 Millionen | |
Verbindungsdatensätze von Berlinern erhoben, um Autobrandstiftungen | |
aufzuklären. Läuft es einem als Datenschutzbeauftragten da nicht kalt den | |
Rücken runter? | |
Alexander Dix: Ich bin schon erschreckt, das muss ich sagen. Dass ein | |
Ermittlungsinstrument, das seinerzeit für ganz spezielle | |
Ausnahmesituationen unter der rot-grünen Bundesregierung zur | |
Terrorismusabwehr ins Gesetz aufgenommen worden ist, mittlerweile doch | |
relativ routinemäßig eingesetzt wird. Und das, ohne dass dadurch ein | |
erkennbarer Erkenntnis- und Sicherheitsgewinn entstanden ist. Das gibt | |
schon sehr zu denken. | |
Das heißt, die Funkzellenabfrage hat Methode? | |
Die massenhafte Zahl der Fälle deutet darauf hin, dass hier eine verdeckte | |
Ermittlungsmaßnahme, trotz der relativ engen Begrenzung, die das Gesetz | |
vorsieht, zur Standardmethode verwandt worden ist. Das hielte ich in der | |
Tat für problematisch. Der Dresdner Fall, wo Hunderttausende von | |
Verkehrsdaten erhoben worden sind, und die Praxis in Berlin machen | |
deutlich, dass der Bundesgesetzgeber dringend durch Änderung der | |
Strafprozessordnung die Funkzellenabfrage einschränken muss. | |
Was in Dresden und Berlin passiert ist, ist also kein Ausreißer? | |
Das ist ein bundesweites Problem. Deshalb hat die Konferenz der | |
Datenschutzbeauftragten im vergangenen Sommer auch entsprechende | |
Gesetzesänderungen angemahnt. Der Freistaat Sachsen hat eine entsprechende | |
Initiative angekündigt. Die muss dringend weiter verfolgt werden. Wir | |
müssen hier zu stärkeren Leitplanken kommen. | |
Die Datenschützer sind sich da bundesweit einig? | |
Völlig einig. | |
Von den in Berlin erhobenen Datensätzen wurden 1,7 Millionen bislang nicht | |
gelöscht. Was sagen Sie dazu? | |
Offenbar sind da zum Teil noch laufende Ermittlungsverfahren, in denen | |
diese Datensätze benötigt werden. Offenbar laufen da auch noch Ermittlungen | |
wegen anderer Staftaten. Auch das wird zu klären sein, ob Daten, die aus | |
einer Funkzellenabfrage aus Anlass der Kfz-Brandstiftungen erhoben wurden, | |
dafür verwertet werden dürfen. | |
Hunderttausende betroffene Berliner hätten im Nachhinein von der | |
Datenabfrage informiert werden müssen, wurden es aber nicht. Auch in | |
Dresden geschah das nicht. | |
Richtig. Von der Informationspflicht kann nur unter ganz engen | |
Voraussetzungen abgewichen werden, das muss im Einzelfall von der | |
Staatsanwaltschaft dokumentiert sein. Auch dieser Frage werden wir | |
nachgehen. | |
24 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Überwachung | |
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