# taz.de -- Angela Merkel in China: Die Wertediplomatie verblasst | |
> Beim Besuch der Bundeskanzlerin in China zeigen sich beide Seiten | |
> zufrieden. Hinter den Kulissen wird ein Treffen mit einem | |
> Menschenrechtsanwalt verhindert. | |
Bild: Angela Merkel auf Bootsfahrt in China: Nur noch pragmatische Politik? | |
PEKING taz | "Ich bin der Einzige, der in China legal im Untergrund | |
arbeitet", pflegt der baden-württembergische Unternehmer Martin | |
Herrenknecht gern zu scherzen. Mit seiner Wühltätigkeit hat er Erfolg, | |
inzwischen haben seine gewaltigen Vortriebsmaschinen in der Volksrepublik | |
schon viele Tunnel gebohrt. | |
Gestern war der Mittelständler Gastgeber seiner Parteifreundin und | |
Kanzlerin Angela Merkel, der er sein Werk in Guangzhou (Kanton) zeigte. Am | |
zweiten Tag ihres China-Besuches traf die Politikerin gemeinsam mit Premier | |
Wen Jiabao in der südchinesischen Metropole mit deutschen und chinesischen | |
Wirtschaftsvertretern zusammen. | |
Bevor sie am Sonnabend nach Hause fliegt, stehen noch Begegnungen mit dem | |
katholischen Bischof Gan Junqiu und dem Parteichef der Provinz Guangdong, | |
Wang Yang, an. Dieses Treffen ist politisch pikant, denn Wang könnte im | |
Herbst in die Führungsspitze der KP aufsteigen. Er gilt als Reformer. | |
In Peking hatte Merkel mit Staats- und Parteichef Hu Jintao in der Großen | |
Halle des Volkes gesprochen. Jintao zog eine positive Bilanz des Besuches: | |
Er werde "das Vertrauen zwischen den beiden Ländern stärken", erklärte er. | |
Auch Merkel äußerte sich zufrieden: "China ist bereit, sich im Rahmen der | |
allgemeinen Verantwortung für die Weltwirtschaft für einen stabilen Euro | |
einzusetzen." | |
Im Vordergrund der Visite standen Europas Schuldenkrise und die Zukunft des | |
Euro. Das Thema Menschenrechte geriet eher an den Rand. Wohl nicht zufällig | |
lobte gestern die oft nationalistische Töne anschlagende Global Times die | |
Kanzlerin. Sie scheine nun "zur traditionellen pragmatischen Haltung" | |
zurückgekehrt zu sein, kommentierte das Blatt. Die sogenannte | |
"Wertediplomatie" habe sich als "politische Schau" erwiesen. | |
Hinter den Kulissen des Besuches zeigten sich die chinesischen Gastgeber | |
unfreundlich. So durfte der prominente Pekinger Anwalt Mo Shaoping nicht an | |
einem Empfang der Kanzlerin teilnehmen. Mo hat in den vergangenen Jahren | |
viele Bürgerrechtler vertreten. | |
3 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Jutta Lietsch | |
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