# taz.de -- Kommentar Merkels Chinabesuch: Madame Europa in Peking | |
> Merkel kam als Stimme Europas und wiederholte immer wieder: Die Eurokrise | |
> lässt sich lösen, auch wenn es Zeit braucht. Die chinesische Führung ist | |
> wenig beeindruckt. | |
Sie kam als Stimme Europas. Während ihrer dreitägigen Chinareise | |
wiederholte die deutsche Bundeskanzlerin ein ums andere Mal ihre Botschaft: | |
Die Eurokrise lässt sich lösen, auch wenn es Zeit braucht. Angela Merkel | |
verhehlte nicht, dass die Europäer selbst dafür sorgen müssen, ihre Währung | |
zu stabilisieren, bevor sie andere Staaten wie das finanzstarke China um | |
Hilfe bitten können. | |
Gleichzeitig machte die in chinesischen Zeitungen als "Madame Europa" | |
gelobte Merkel klar, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen Chinesen und | |
Europäern nach klaren Gesetzen und Regeln - etwa zum Schutz des geistigen | |
Eigentums - im Interesse aller ist. Ziel Merkels war es auch, die Chinesen | |
zu beruhigen. Denn Europa ist auf ausländische Investitionen, darunter | |
chinesische, angewiesen. | |
Chinas Regierung reagiert erfreut auf die in der chinesischen Presse als | |
"pragmatisch" bezeichnete Haltung Merkels - und sie gab Merkel ihrerseits | |
eine Botschaft mit: Im Gegensatz zu vorher "erwäge" sie nun, sich an dem | |
geplanten europäischen Stabilisierungsmechanismus zu beteiligen. Viel mehr | |
kann der chinesische Premierminister Wen Jiabao in diesen Zeiten auch nicht | |
zusagen - schon aus innenpolitischen Gründen nicht. | |
Der heimischen Öffentlichkeit ist der Gedanke, dass China die reichen | |
Europäer mit seinen hart erarbeiteten Devisen retten soll, schwer zu | |
vermitteln. Unter solchen Vorzeichen schienen Menschenrechte bei diesem | |
Besuch nur am Rande behandelt zu werden. | |
Wenige Stunden später bekam die Kanzlerin zu spüren, wie ihre Gastgeber mit | |
kritischen Köpfen umspringen. Der Anwalt Mo Shaoping, Verteidiger vieler | |
Bürgerrechtler, wurde von der Polizei daran gehindert, zu ihrem Empfang in | |
die deutsche Botschaft zu gehen. Dies zeigt: Peking stößt ungerührt die | |
mächtigste Politikerin Europas vor den Kopf. | |
3 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Jutta Lietsch | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Chinas kritischer Rechtsanwalt: Der Dauerverlierer | |
Mo Shaoping ist die große Hoffnung für die Chinesen, die ins Visier der | |
Polizei geraten. Doch bisher hat er noch keinen seiner Prozesse gewonnen. | |
Angela Merkel in China: Die Wertediplomatie verblasst | |
Beim Besuch der Bundeskanzlerin in China zeigen sich beide Seiten | |
zufrieden. Hinter den Kulissen wird ein Treffen mit einem | |
Menschenrechtsanwalt verhindert. | |
Angela Merkel in China: Alte Freundin mit schwerem Gepäck | |
Bei ihrem Chinabesuch wird Bundeskanzlerin Merkel als "Alte Freundin" | |
begrüßt und wirbt um den Euro. Menschenrechte bleiben ein Randthema. |