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# taz.de -- Leitlinien für die deutsche Außenpolitik: Im Namen der Gestaltung…
> Außenminister Westerwelle will, dass Deutschland enger mit
> Schwellenländern zusammenarbeitet. Damit werden auch ökonomische
> Interessen deutlich gemacht.
Bild: Handel vor Menschenrechten: Guido Westerwelle will die Beziehungen zu Sch…
BERLIN taz | "Der Westen muss sich daran gewöhnen, dass er nicht mehr den
Taktstock in der Hand hält" - Guido Westerwelle (FDP) wurde grundsätzlich.
In Europa sei der Blick auf die Globalisierung oft von der Sorge geleitet,
abgehängt zu werden. Dabei sei sie eine Chance. "Die Welt ist im Umbruch,
und wir müssen uns auf diesen Umbruch einstellen", sagte er.
Auf Vorschlag des Außenministers verabschiedete das Bundeskabinett am
Mittwoch seine neuen außenpolitischen Leitlinien. Diese sehen den Ausbau
der Beziehungen mit China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika vor.
Mittags stellte Westerwelle das Konzept dann im Auswärtigen Amt vor.
Seine neue Vokabel dafür: "Gestaltungsmächte". Damit sind nicht nur die
wachstumsstarken "BRICS"-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und
Südafrika gemeint, sondern auch aufstrebende Nationen wie Kolumbien,
Vietnam oder die Türkei. Und Staaten, die wegen massiver
Menschenrechtsverletzungen in der Kritik stehen, etwa das rohstoffreiche
Kasachstan. In den neuen Leitlinien heißt es: "Die Bundesregierung strebt
den Abschluss bzw. Ausbau von Energie- und Rohstoffpartnerschaften, z. B.
mit Kasachstan, an."
Mit seinem neuen "Gestaltungsmächte"-Konzept versucht Westerwelle nicht
nur, in seinem Amt als Außenminister endlich an Profil zu gewinnen. Es ist
auch ein Versuch, die oft eher wurschtelig wirkende deutsche Außenpolitik
auf ein theoretisches Fundament zu stellen.
## Wirtschaftinteressen haben schon zuvor die Außenpolitik bestimmt
Die Rede von einer "Westerwelle-Doktrin" wäre aber verfrüht, weil damit
kein echter Paradigmenwechsel verbunden ist. Allerdings spricht Westerwelle
jetzt offen jene ökonomischen Interessen aus, die schon zuvor die deutsche
Außenpolitik geleitet haben.
Westerwelle trat zwar dem Eindruck entgegen, er wolle die deutsche
Außenpolitik ökonomisieren und alte Allianzen aufkündigen. Die Direktorin
des deutschen Instituts für Menschenrechte, Beate Rudolf, mit der sich
Westerwelle nach seiner Rede das Podium teilte, fürchtet trotzdem, dass
dabei die Menschenrechte auf der Strecke bleiben: Es sei eine "Schwäche"
des Konzepts, dass die Menschenrechte darin nur noch "ein Punkt unter
vielen" seien.
Westerwelle dagegen will zwischen Außenwirtschaftsförderung und
Demokratieförderung keinen rechten Gegensatz erkennen. "Wandel durch
Handel" gab er als Credo aus - mit diesem Motto sei die Ostpolitik der 70er
Jahre erfolgreich gewesen. Wenn die Wirtschaftsbeziehungen florieren, dann
folgen die Menschenrechte auf dem Fuß, so die etwas schlichte Idee
dahinter.
Volker Perthes, der Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP),
fragte sich, was das neue Konzept bei Konflikten mit den neuen Partnern
bedeute, und verwies auf Syrien. Dort arbeiten der Westen und einige von
Westerwelles "Gestaltungsmächten" derzeit mit voller Kraft gegeneinander.
## Opposition: "Blauäugige Ansammlung von Phrasen"
Auch seien, so Perthes, die USA nicht immer glücklich über das neue
Selbstbewusstsein der Schwellenländer - wie man an den Reaktionen auf die
Versuche Brasiliens und der Türkei gesehen habe, im Atomstreit mit dem Iran
zu vermitteln. "Mischt euch nicht ein" sei die Reaktion, wenn Staaten aus
dem Süden den Großmächten ins Gehege kämen.
Westerwelle machte sich an dieser Stelle dafür stark, den aufstrebenden
"Gestaltungsländern" mehr Verantwortung zu übertragen, ob in den Vereinten
Nationen oder anderswo. Und er verwies darauf, dass sich bald erstmals die
Außenminister der G-20-Staaten treffen werden.
Die Opposition hat ihr Urteil schon gefällt. "Nicht mehr als eine
blauäugige Ansammlung von Phrasen" kann der parlamentarische
Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, im neuen Konzept
erkennen. "Die Einforderung von Menschenrechten etwa in China oder
Kasachstan steht hierbei offenkundig eher im Wege."
8 Feb 2012
## AUTOREN
Daniel Bax
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