# taz.de -- István Csurka ist tot: Eine Stimme des Hasses | |
> Er hat dazu beigetragen, dass Ungarn weit nach rechts rückte: Istvan | |
> Csurka. Nun ist der Theaterautor und Rechtsextremist mit 77 Jahren | |
> gestorben. | |
Bild: Im Nach-Wende-Ungarn machte Istvan Csurka den codierten Antisemitismus sa… | |
István Csurka ist tot, ein rechtsgerichteter Politiker und Schriftsteller | |
Ungarns. Vor drei Wochen ließ er sich noch aus dem Krankenhaus in die | |
südungarische Stadt Szeged bringen, um mit einem Häuflein von | |
Regierungsanhängern gegen die EU zu demonstrieren. "Unsere Feinde haben das | |
Problem, dass Ungarn magyarisch und christlich sein will", wetterte er in | |
Richtung EU. Wie man es von ihm erwartete, bemühte er auch die gängigen | |
antisemitischen Codes: Ziel der Regierungsgegner sei es, "Ungarn in fremde | |
Hände" zu geben. | |
Der 1934 in Budapest geborene Dichter hat als Politiker und Antisemit | |
mindestens ebenso viel Aufsehen erregt wie als Schriftsteller. 1987 gehörte | |
er zu den Mitgründern der Wendepartei Ungarisches Demokratisches Forum | |
(MDF). Schon in den frühen neunziger Jahren sprengte Csurka das Bündnis und | |
gründete die rechtsextreme MIEP (Partei für Ungarisches Recht und Leben), | |
für die er 1998 bis 2002 im Parlament saß. Die jüdische Zeitschrift Szombat | |
sieht sein Wirken in ihrem Nachruf erwartungsgemäß kritisch: "Vor der Wende | |
hat er antisemitische Parolen öffentlich nur im betrunkenen Zustand von | |
sich gegeben, wie man es von seinen Kurkollegen in Szigliget weiß; nach der | |
Wende tat er dies auch nüchtern: er hetzte zwanzig Jahre lang zum Hass." | |
Während des Realsozialismus hatte sich Csurka unter dem Decknamen | |
"Rasputin" als Spitzel betätigt. "Unter Zwang", wie er nach seinem | |
Zwangsouting 1993 versicherte, habe er Berichte über die Stimmung unter den | |
Literaten und Künstlern an Ungarns Geheimdienst geliefert. | |
## Artikel, die vor Antisemitismus strotzten | |
Seine Dramen, Blut- und Bodenstücke, waren allerdings in den letzten Jahren | |
etwas aus der Mode gekommen. György Dörner, der faschistische | |
Theaterdirektor, der vor wenigen Tagen das Neue Theater in Budapest | |
übernahm, versprach, sie wieder auf die Bühne zu bringen, die fortan | |
"Heimatfront-Theater" heißen soll. Eigentlich wollte er Csurka als | |
künstlerischen Leiter anstellen. Nach heftigen Protesten im Inland und | |
Ausland zog Bürgermeister István Tarlós die Ernennung aber zurück. János | |
Szentmártoni, Präsident des Ungarischen Schriftstellerverbandes, plädierte | |
für eine getrennte Beurteilung des literarischen Schaffens von Csurka und | |
würdigte ihn als "große Persönlichkeit der ungarischen Literatur". | |
In den letzten Jahren hatte Csurka vor allem in seinem Wochenblatt Magyar | |
Fórum publiziert. In vor Antisemitismus und Rassismus triefenden Artikeln | |
propagierte er ein neues Großungarn in den Grenzen vor dem Friedensvertrag | |
von Trianon, durch den Ungarn nach dem Ersten Weltkrieg zwei Drittel seines | |
Territoriums verlor. Csurka starb am Samstag im 78. Lebensjahr in Budapest. | |
5 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
## TAGS | |
Budapest | |
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